Alles, was Du wissen musst!
Die neue Tierschutz-Hundeverordnung
Dr. Viola Neuß & Jennifer Rotter
Seit dem 1. Januar 2022 ist die überarbeitete Tierschutz-Hundeverordnung in Kraft – und sie kommt mit einigen, nicht unerheblichen Änderungen für Hundetrainer*innen, betreuende Personen und natürlich auch Halter*innen daher. Ob es um den Versorgungsaufwand geht, die Unterbringung in Boxen, Ausstellung von Hunden mit Qualzuchtmerkmalen oder das Verbot von Stachelhalsbändern… die Novellierung hat schon für viele Diskussionen gesorgt.
Dr. med. vet. Viola Neuß ist unsere Dozentin für Tierschutzrecht. Sie hat Tiermedizin studiert, war lange Jahre in der Veterinärverwaltung tätig, ist Fachtierärztin für öffentliches Veterinärwesen und widmet sich jetzt in ihrer Freizeit dem Thema „Hunde“ und „Tierschutz“. Im nachstehenden Interview erläutert sie die Änderungen der neuen Tierschutz-Hundeverordnung verständlich und mit all ihrem Expertinnenwissen anhand der rechtlichen Vorgaben und gibt ihre persönliche Auffassung dazu wieder.
Wir empfehlen ausdrücklich, sich die Zeit zu nehmen, Violas Wissen aufzusaugen – wir haben außerdem ein anklickbares Inhaltsverzeichnis erstellt, damit einzelne Punkte direkt angesteuert werden können.
Inhaltsverzeichnis
2. Und warum wurde diese Reform initiiert?
4. Kurz zusammengefasst: Was sind denn die wichtigsten Neuerungen?
• Änderungen in § 2 – Allgemeine Anforderungen an das Halten
• § 3 – neu: „Anforderungen an das Halten beim Züchten“
• § 4 Anforderungen an das Halten im Freien
• § 5 Anforderungen an das Halten in Räumen und (neu) Raumeinheiten
• § 6 Anforderungen an die Zwingerhaltung
6. Die Reform wird von vielen Seiten kritisiert. Ist die Kritik berechtigt und wenn ja, warum?
9. Was denkst Du, wie es jetzt mit der Reform weitergeht? Wird es Nachbesserungen geben?
Liebe Viola!
Hundeverordnung, Tierschutzgesetz, Reform – was genau wurde eigentlich verändert und wie heißt das richtig?
Geändert wurde aktuell die Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV).
Das Tierschutzgesetz (TierSchG), das die so genannte „Ermächtigungsgrundlage für die TierSchHuV darstellt, selber wurde nicht geändert. Eine Verordnung wird immer auf Grundlage eines Gesetzes erlassen. Für die TierSchHuV findet sich die entsprechende „Ermächtigung“ in den Paragrafen 2a (1) und 12 (2) S. 1 Nr. 4 des TierSchG.
Durch die jetzt erfolgten Änderungen soll die aus dem Jahr 2001 stammende und zuletzt im Jahr 2013 geänderte Tierschutz-Hundeverordnung insbesondere an neue, auch wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich der Hundehaltung, etwa zur Habituation und Sozialisation von Welpen, angepasst werden. Sehr umfangreich sind daher die neuen Bestimmungen für das Züchten. Die Änderungen betreffen aber auch die Anbindehaltung, die Haltung in Räumen oder die von Herdenschutzhunden. Auch dem Problem der Qualzuchten versucht man mit neuen, weitergehenden Regelungen besser beizukommen.
Und warum wurde diese Reform initiiert?
Änderungen an der Verordnung waren schon länger im Gespräch. Übergeordnetes Ziel der Verordnungsänderungen ist es, den Tierschutz in der Hundehaltung zu erhöhen.
Bei den neuen Anforderungen an die Hundezucht soll sich das angestrebte Ziel bereits kurzfristig in besser sozialisierten und habituierten Hunden widerspiegeln. Die Anforderungen an die Zucht – und zwar die gewerbsmäßige wie die Hobby-Zucht – wurden daher deutlich verschärft.
Daneben wird die Anbindehaltung von Hunden mit einer Übergangsfrist von einem Jahr grundsätzlich verboten. Nur in wenigen definierten Situationen, etwa bei Begleitung bei Einsätzen, dürfen Hunde angebunden gehalten werden.
Für die Haltung von Herdenschutzhunden, die Nutztiere vor Wolfsangriffen schützen, werden spezielle Regelungen getroffen, um ihrer besonderen Arbeitsweise Rechnung zu tragen. Bislang sah der Verordnungstext keine Differenzierung bei der Haltung im Freien bzw. für arbeitende Herdenschutzhunde vor. So war – ob sinnvoll oder nicht – auch für diese Hunde eine Schutzhütte laut Verordnungstext bislang vorzusehen. Das ist jetzt geändert worden. Durch die Änderung wird also auch in hilfreicher Weise Rechtsklarheit geschaffen.
Und schließlich war es dem Verordnungsgeber ein Anliegen, dem eklatanten Problem der Qualzuchten, weitere Maßnahmen entgegen zu setzen. In der neuen TierSchHuV ist daher ein Ausstellungsverbot für Hunde, die Qualzuchtmerkmale aufweisen, geregelt. Dieses Verbot ist nicht auf reine Zuchtausstellungen beschränkt. Es umfasst alle Veranstaltungen, bei denen eine Beurteilung, Prüfung oder ein Vergleich von Hunden stattfindet, wie z. B. auch Zuchtleistungsprüfungen und Hundesportveranstaltungen. Das bereits zuvor in der Tierschutz-Hundeverordnung geregelte Ausstellungsverbot für tierschutzwidrig amputierte Hunde wird dabei ebenfalls auf derartige Veranstaltungen ausgedehnt.
Wie funktioniert so eine Reform, wie muss man sich da den Prozess vorstellen und wer wird alles eingebunden?
Wenn man sich für den Rechtsetzungsprozess im Detail interessiert, empfehle ich die Internetseiten des Bundesrates. Da heißt es u.a., dass Rechtsverordnungen – wie in unserem Fall die Tierschutz-Hundeverordnung – allgemein verbindliche Vorschriften zur Durchführung von Gesetzen sind. Sie werden von der Bundesregierung oder einzelnen Bundesministerien, wie hier dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), erlassen. Meistens ist hierzu die Zustimmung des Bundesrates erforderlich (Artikel 80 Abs. 2 GG). Das bedeutet, dass der Bundesrat den Inhalt der Verordnung gleichberechtigt mitbestimmen kann.
In der Praxis wird durch den Bundesrat die Zustimmung häufig nur „nach Maßgabe“ bestimmter Änderungen erteilt. Das nennt sich dann „Maßgabebeschluss“. Im Fall der Tierschutz-Hundeverordnung hat der Bundesrat einen entsprechenden Maßgabebeschluss gefasst und damit bestimmt, welche Änderungen noch aus seiner Sicht aufgenommen werden müssen. Die Verordnung konnte dann nur in Kraft treten, nachdem alle vom Bundesrat geforderten Änderungen vor Verkündung auch in der neuen Verordnung berücksichtigt wurden. Im Fall der TierSchHuV war es zudem so, dass das Verfahren im Mai 2021 mit wichtigen Änderungen der Tierschutz-Transportverordnung (TierSchTrV) verknüpft und im Eilverfahren durchgezogen wurde. Diese Eile stand sicher in Zusammenhang mit der auslaufenden Legislaturperiode und brachte erheblichen, zusätzlichen Druck ins Verfahren – vielleicht auch mit Folgen in Bezug auf die Möglichkeiten einer sorgfältigen Prüfung und Abwägung.
Rein praktisch sieht so ein Verordnungsgebungsverfahren so aus, dass ein erster Entwurf einer Verordnung im zuständigen Bundesministerium erarbeitet wird und zunächst intern, also innerhalb des Ministeriums und der Regierung, abgestimmt wird. Im nächsten Schritt erfolgt die Beteiligung der „betroffenen Kreise“ zu dem Entwurf. Dabei werden neben den Bundesländern auch alle Wirtschaftskreise und Verbände, die von der Regelung betroffen sein können, angehört und um ihre Meinung gebeten. Diese können sich innerhalb einer gewissen Frist rückäußern.
Auf Grundlage der Rückmeldungen erfolgt dann im Ministerium eine weitere Überarbeitung und Anpassung des Verordnungsentwurfes.
In einem letzten Schritt wird dann dieser überarbeitete Verordnungsentwurf den Bundesländern im so genannten Bundesratsverfahren zugeleitet. Innerhalb relativ kurzer Fristen können sich die Länder dann dazu positionieren und eigene Änderungsvorschläge einbringen. Sofern diese Vorschläge die erforderliche Mehrheit der Länder im Bundesrat erhalten, fließen diese dann in einen entsprechenden Beschluss ein. Ist der Beschluss durch den Bundesrat getroffen, sind nachträgliche Änderungen daran nicht mehr möglich.
Das Bundesministerium muss alle Änderungen, wie sie durch den Bundesrat beschlossen wurden, übernehmen, sofern es nicht ganz auf den Erlass der Verordnung verzichten will. Es hat dabei nicht die Wahl, ggf. nur einzelne Punkte des Beschlusses zu übernehmen. Es gilt: „alle oder gar nicht“.
Aber Achtung: Im Rahmen des Bundesratsverfahrens werden „die Fachkreise“ nicht formal erneut beteiligt. Und das kann mitunter ein Problem sein, da die Vorschläge damit nicht mehr „von allen Seiten“ bzgl. ihrer möglichen Auswirkungen betrachtet werden. Manche Problematik wird dann leider erst mit Umsetzung der Verordnung richtig sichtbar.
In einem letzten Schritt wird der fertige Verordnungsentwurf auch noch der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten im Rahmen des so genannten Notifizierungsverfahrens vorgestellt. Diese haben dann innerhalb einer bestimmten Frist Gelegenheit den Entwurf auf seine Vereinbarkeit mit EU-Recht zu überprüfen und ggf. Stellung zu nehmen. Sofern fristgerecht keine Einwände dagegen erhoben wurden, kann die Verordnung in Deutschland erlassen werden.
An dieser Stelle vielleicht noch eine kleine Info zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen allgemein: Im Rechtsetzungsverfahren und den entsprechenden Verordnungsentwürfen findet man zu allen geplanten Änderungen immer auch eine Begründung, warum diese Änderung erforderlich ist bzw. was mit ihr bezweckt werden soll. Das hilft mitunter sehr beim Verständnis und wird auch im Streitfall und vor Gericht gerne als Auslegungshilfe des Rechtstextes herangezogen.
Leider sind die Begründungen in den verkündeten Gesetzen und Verordnungen später nicht mehr enthalten. Wenn sie einen aber interessieren – und sie sind in der Regel wirklich sehr interessant – dann muss man in die entsprechenden Parlaments- oder Bundesratsdatenbanken im Internet schauen. Dort kann man die entsprechenden Dokumente über Stichwortsuchen sehr gut finden und nachlesen.
Für die TierSchHuV findet man in der Bundesratsdatenbank unter alle entsprechenden Dokumente. Die Grunddrucksache – also der ursprüngliche Referentenentwurf des BMEL vom 10.05.2021 hat die Nummer BR Drs. 394/21. Aber auch der Beschluss des Bundesrates vom 25.06.21 ist dort zu finden (BR Drs. 394/21 (Beschluss)).
Kurz zusammengefasst: Was sind denn die wichtigsten Neuerungen?
Ganz kurz geht es hier leider nicht.
Im Wesentlichen handelt es sich aber um folgende Änderungen, für die zu einem Teil auch Übergangsfristen gelten. D.h. bis zu dem entsprechenden Datum gelten noch die alten Vorschriften. Wie eben schon gesagt: bei vielen Änderungen wurden die Fachkreise ganz offiziell im Verfahren beteiligt und angehört, andere Änderungen wurden erst später im Bundesratsverfahren durch die Länder eingebracht. Da das mitunter interessant zu wissen ist, gebe ich bei einigen Änderungen einen kurzen Hinweis darauf.
Gerne möchte ich auch an der ein oder anderen Stelle, wo ich die Begründung für die Verordnungsänderung besonders interessant finde, auch auf diese kurz eingehen.
Die bestehenden Paragraphen der TierSchHuV haben folgende Änderungen erhalten. Zur besseren Unterscheidbarkeit habe ich Verordnungstext und Begründungstext jeweils mit (V) bzw. (B) markiert:
Änderungen in § 2 – Allgemeine Anforderungen an das Halten
(V) Neu ist, dass in Bezug auf die allgemeinen Haltungsanforderungen klar bestimmt wird, dass einem Hund ausreichend Auslauf im Freien außerhalb eines Zwingers und mehrmals täglich in ausreichender Dauer Umgang mit der Person, die den Hund hält, betreut oder zu betreuen hat (Betreuungsperson), zu gewähren ist. Außerdem ist dem Hund auch der regelmäßige Kontakt zu Artgenossen zu ermöglichen, es sei denn, dies ist im Einzelfall aus gesundheitlichen Gründen oder aus Gründen der Unverträglichkeit zum Schutz des Hundes oder seiner Artgenossen nicht möglich.
(B) Ziel der Änderungen ist gemäß Begründungen von BMEL bzw. Bundesrat, dass die bisherigen Vorgaben an den Umgang mit der Betreuungsperson durch die Änderung konkreter gefasst werden. Dieser Umgang hat mehrmals täglich in ausreichender Dauer zu erfolgen. Die erforderliche Dauer des Umgangs ist von Alter, Rasse und Gesundheitszustand des Hundes abhängig. Die Dauer von einer Stunde täglich wird dabei als Minimum für einen ausreichenden Umgang angesehen.
Zudem heißt es in den Begründungen, dass „neben den Umgangskontakten zu dem Menschen“ „auch die Kontakte zu Artgenossen notwendig“ sind, „um das arteigene Verhalten auszuüben“.
(V) Weiter wurde im Bundesratsverfahren neu bestimmt und in die Verordnung aufgenommen, dass „Welpen bis zu einem Alter von zwanzig Wochen mindestens vier Stunden je Tag Umgang mit einer Betreuungsperson zu gewähren“ ist.
(B) Dazu wurde in der Begründung ausgeführt, dass die Sozialisierungsphase eines Welpen ein essenzieller Zeitraum für die Entwicklung von Verhalten und Charakter im adulten Alter der Tiere ist.
Zunächst war eine solche Formulierung im Entwurf der Bundesregierung nur im Zusammenhang mit dem Züchten als Änderung des § 3 vorgesehen. Danach sollte zunächst (nur) der Züchter in die Pflicht genommen werden, Welpen mindestens vier Stunden Umgang mit einer Betreuungsperson zu gewährleisten.
Nach Auffassung des Bundesrates deckte diese Formulierung aber nicht ausreichend die Sozialisierungsphase ab, da Welpen gewöhnlich mit acht bis neun Wochen vom Züchter abgegeben werden. Der Bundesrat begründete dazu: „Die Sozialisierungsphase geht allerdings weit über diesen Zeitraum hinaus. Daher ist es aus hiesiger Sicht notwendig, den Halter im Allgemeinen diesbezüglich in die Pflicht zu nehmen. Auch bei Arbeits- oder Herdenschutzhunden, welche häufig mit der Herde gehalten werden, ist es sehr wichtig, dass ein entsprechender Kontakt zum Menschen gewährleistet wird. Eine fehlende Sozialisierung kann zu massiven Verhaltensstörungen und in der Konsequenz zu nicht unerheblichem Leiden der Hunde führen.“
(V) Auch die Gruppenhaltung von Hunden wird um weitere Anforderungen ergänzt. Künftig muss „für jeden Hund der Gruppe ein Liegeplatz zur Verfügung“ stehen und „eine individuelle Fütterung sowie eine individuelle gesundheitliche Versorgung möglich“ sein. Es soll zudem „keine unkontrollierte Vermehrung“ mehr stattfinden können.“ Diese Regelung tritt mit einer Übergangszeit von einem Jahr – also ab dem 1.1.2023 – in Kraft, um eine Haltungsanpassung in einer angemessenen Zeit zu ermöglichen.
(B) Gemäß Begründung möchte der Verordnungsgeber mit dieser Regelung die Gruppenhaltung von Hunden u.a. dahingehend näher regeln, dass die Hunde unabhängig von ihrem Rang in der Gruppe ihre Grundbedürfnisse nach Ruhen und bedarfsgerechter Ernährung decken können.
(V) Über den Bundesrat wurde dann noch eine weitere – spannende – Änderung des § 2 TierSchHuV eingeführt, nämlich ein neuer Absatz 5. Darin heißt es nun: „Es ist verboten, bei der Ausbildung, bei der Erziehung oder beim Training von Hunden Stachelhalsbänder oder andere für die Hunde schmerzhafte Mittel zu verwenden.“
(B) Zur Begründung wird durch den Bundesrat ausgeführt:
„Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Erziehungsmethoden von Hunden beurteilen die Anwendung von Strafreizen zur Erziehung von Hunden als nicht tierschutzkonform. Insofern ist die Verwendung von Stachelhalsbändern oder anderen für die Hunde schmerzhaften Mitteln als tierschutzwidrig zu verbieten.“
Diese nicht unbedingt geglückten Formulierungen haben schon erhebliche Diskussionen ausgelöst. Aber dazu später mehr.
Änderungen in § 3 – neu: „Anforderungen an das Halten beim Züchten“
(V) Sehr umfangreich sind die Änderungen in Bezug auf das Züchten. Das beginnt schon bei der Überschrift. Hieß der Paragraph 3 bislang „Anforderungen an die Betreuung bei gewerbsmäßigem Züchten“ heißt es jetzt nur noch „Anforderungen an das Halten beim Züchten“.
Da diese neuen Vorgaben an die Haltung beim Züchten von Hunden organisatorische und gegebenenfalls auch bauliche Veränderungen erforderlich machen können, treten sie erst ein Jahr später, nämlich am 1.1.2023 in Kraft. Bis dahin gelten für das Züchten die bisherigen Regelungen des Paragraph 3 TierSchHuV.
(B) Ganz bewusst möchte der Verordnungsgeber damit klarstellen, dass künftig jegliches Züchten – ob gewerbs- oder hobbymäßig – unter die entsprechenden Anforderungen fällt.
In der Begründung heißt es dazu, dass „mit den Regelungen neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Bedürfnisse von Mutterhündin und Welpen bei der Haltung berücksichtigt werden. Zudem wird Berichten von Vollzugsbehörden und Tierschutzorganisationen über Defizite der bisherigen Tierschutzvorschriften für die Hundezucht Rechnung getragen.“
(V) Neu ist zudem, dass, wer mit Hunden züchtet, einer Hündin spätestens drei Tage vor der zu erwartenden Geburt bis zum Absetzen der Welpen eine Wurfkiste zur Verfügung zu stellen hat. Dabei muss die Wurfkiste der Größe der Hündin und der zu erwartenden Zahl und Größe der Welpen angemessen sein; insbesondere muss die Hündin in Seitenlage ausgestreckt in der Wurfkiste liegen können. Sie muss so gestaltet sein, dass die Gesundheit der Hündin und der Welpen sowie die Lufttemperatur kontrolliert werden können, an der Innenseite der Seitenwände mit Abstandshaltern ausgestattet sein und Oberflächen haben, die leicht zu reinigen und zu desinfizieren sind.
Eine Wurfkiste muss nicht zur Verfügung gestellt werden, wenn die Hündin und die Welpen im Freien gehalten werden und die Schutzhütte den Anforderungen der TierSchHuV genügt.
Weiter neu ist, dass eine Hündin mit Welpen so gehalten werden muss, dass sie sich von ihren Welpen zurückziehen kann.
(B) Zu diesen Punkten wird in der Begründung ausgeführt, dass die Wurfkiste ausreichender Größe den Zuchthündinnen dazu dient, die Welpen ungestört und verletzungssicher gebären und aufziehen zu können. Die Hündin muss sich bereits vor der Geburt an die Wurfkiste gewöhnen können. Die Gestaltung der Wurfkiste muss die Kontrolle von Hündin und Welpen ermöglichen und Verletzungen der Welpen, wie sie insbesondere durch das Zerdrücken durch die Hündin an den Seitenwänden entstehen können, verhindern. Bei Haltung im Freien ist eine Wurfkiste jedoch nicht erforderlich, sofern die für die Haltung im Freien vorgeschriebene Schutzhütte die Anforderungen an eine Wurfkiste erfüllt.
Das zu ermöglichende Zurückziehen der Zuchthündinnen von ihren Welpen kann z.B. durch eine erhöhte Liegefläche oder eine Trennwand, die die Welpen nicht überwinden können, erreicht werden. Die Vorschrift gilt sowohl für das gewerbsmäßige als auch für anderes als das gewerbsmäßige Züchten.
Zudem ist vom Züchter im Liegebereich der Welpen innerhalb einer Wurfkiste oder einer Schutzhütte eine Lufttemperatur zu gewährleisten, die unter Berücksichtigung rassespezifischer Besonderheiten eine Unterkühlung oder Überhitzung der Welpen verhindert. Von einer Unterkühlung der Welpen ist in der Regel bei einer Lufttemperatur von unter 18 Grad Celsius während der ersten zwei Lebenswochen auszugehen.
Weiter heißt es in der Begründung, dass insbesondere bei neugeborenen Welpen die Thermoregulation noch nicht voll funktionsfähig ist. Daher sind Hundewelpen auf eine kontrollierte Umgebungswärme angewiesen, um eine Unterkühlung oder Überhitzung zu verhindern. Hierzu kann sich beispielsweise einer Wärmelampe oder Wärmematte bedient werden. Im Hinblick auf die erforderliche Lufttemperatur im Liegebereich bestehen rassespezifische Unterschiede, die zu berücksichtigen sind. In der Regel ist davon auszugehen, dass eine Umgebungstemperatur von unter 18 Grad Celsius für Welpen in den ersten zwei Lebenswochen nicht geeignet ist. Ausnahmsweise kann bei Welpen besonders robuster Rassen wie z.B. dem Kuvasz auch eine niedrigere Temperatur geeignet sein.
(V) Werden Welpen in Räumen gehalten, so gilt neu, dass ihnen vom Züchter ab einem Alter von fünf Wochen mindestens einmal täglich für eine angemessene Dauer Auslauf im Freien gewährt werden muss. Der Auslauf muss dabei so beschaffen sein, dass von ihm keine Verletzungsgefahr oder sonstige Gesundheitsgefahr für die Welpen ausgeht. Insbesondere muss sichergestellt sein, dass die Welpen nicht mit Strom führenden Vorrichtungen oder Vorrichtungen, die elektrische Impulse aussenden, in Berührung kommen können. Die benutzbare Bodenfläche des Auslaufs muss der Zahl und der Größe der Welpen angemessen sein. Die Maße der benutzbaren Bodenfläche müssen mindestens die in der TierSchHuV festgelegten Zwingermaße betragen. Die Einfriedung des Auslaufs muss aus gesundheitsunschädlichem Material bestehen und so beschaffen sein, dass die Welpen sie nicht überwinden können und sich nicht daran verletzen können.
Der Betreuungsschlüssel für das gewerbsmäßige Züchten wird von 10 zu betreuenden Zuchthunden und ihren Welpen pro Betreuungsperson auf 5 herabgesetzt. Dabei darf eine Betreuungsperson nur bis zu drei Hündinnen mit Welpen gleichzeitig betreuen.
(B) Die Begründung zu diesen Regelungen ist umfang- und aufschlussreich:
Darin heißt es, die Regelung trägt dem „Erfordernis einer ausreichenden Sozialisierung der Welpen als Voraussetzung für eine verhaltensgerechte Entwicklung der Hunde Rechnung. Ohne ausreichende Sozialisierung kommt es im späteren Leben zu Verhaltensstörungen, die mit Leiden für die betroffenen Hunde verbunden sind. Dies ist in der Literatur vielfältig beschrieben und über entsprechende Fälle wird häufig berichtet.
Die Sozialisierungsphase beginnt bei Hundewelpen etwa ab der vierten Lebenswoche, der Höhepunkt liegt in der sechsten bis achten Lebenswoche, also während ihres Aufenthalts beim Züchter. Die Dauer der Sozialisierungsphase beträgt ungefähr 20 Wochen, ist jedoch abhängig von der Rasse. In der Sozialisierungsphase lernen die Welpen den Umgang mit Sozialpartnern (Artgenossen und Menschen; Sozialisation) und gewöhnen sich zudem an die Reize der Umwelt (Habituation). Die Sozialisation ist entscheidend für ein späteres artgemäßes Sozialverhalten gegenüber Artgenossen und dem Menschen. Daher sollte in dieser Phase möglichst häufiger und vielfältiger Kontakt zu Menschen und Artgenossen bestehen. Außerdem sollte eine Gewöhnung der Welpen an unterschiedliche Umweltreize stattfinden. Reizarm aufgezogene Hunde, die keine ausreichenden Erfahrungen mit Artgenossen, Menschen und der Umwelt sammeln konnten, leiden häufig lebenslang unter Verhaltensstörungen, die u.a. auch zu Angriffen auf Artgenossen und Menschen führen können. Durch das Fehlen von Interaktionen in der Sozialisierungsphase können sich später zudem Deprivationserscheinungen bis hin zum Deprivationssyndrom entwickeln, bei dem die Kommunikationsfähigkeit mit der Umwelt irreversibel eingeschränkt ist.“
Was aber ist unter „Umgang“ der Betreuungsperson zu verstehen? Dazu führt die Begründung zum Verordnungsentwurf aus:
Dort heißt es, „eine erfolgreiche Sozialisierung ist nur durch regelmäßigen und länger dauernden Umgang einer Betreuungsperson mit den Welpen und den einhergehenden olfaktorischen, taktilen, akustischen und optischen Reizen zu erreichen. Unter Umgang sind daher die Tätigkeiten der Betreuungsperson zu verstehen, die den Welpen diese Reize bezogen auf den Kontakt mit Menschen, Artgenossen und der Umwelt vermitteln. Dazu zählen insbesondere Berührungen, Ansprache und Spiel sowie die Versorgung, Pflege der Welpen und Gesundheitsvorsorge in Bezug auf die Welpen. Bei Welpen in den ersten zwei Lebenswochen ist unter Umgang in erster Linie die Pflege, Kontrolle, Beobachtung der Tiere und die Gesundheitsvorsorge in Bezug auf die Tiere zu verstehen. Eine Beunruhigung der Mutterhündin und der Welpen durch zu häufige Kontaktaufnahme ist zu vermeiden. Tierschutzfachlich wird eine Mindestzeit von vier Stunden pro Tag für den Umgang einer Betreuungsperson mit den Welpen in den ersten zwanzig Lebenswochen als erforderlich angesehen. Dies gilt sowohl für das gewerbsmäßige wie auch für anderes als das gewerbsmäßige Züchten sowie ab der Geburt der Welpen.“
Und sicherlich wird sich jetzt auch der ein oder andere fragen, was denn unter einer „Betreuungsperson“ zu verstehen ist. Dieser Begriff ist tatsächlich in der Tierschutz-Hundeverordnung definiert. Denn da heißt es in § 2 Absatz 1 Ziffer 2 als Definition: „…. Person, die den Hund hält, betreut oder zu betreuen hat (Betreuungsperson).“
§ 4 Anforderungen an das Halten im Freien
(V) Neu ist, dass nunmehr einem Hund „außerhalb der Schutzhütte ein witterungsgeschützter, schattiger und wärmegedämmter Liegeplatz, der weich oder elastisch verformbar ist und der so beschaffen ist, dass der Hund in Seitenlage ausgestreckt liegen kann“, zur Verfügung stehen muss.
Davon abweichend dürfen Herdenschutzhunde während ihrer Tätigkeit oder ihrer Ausbildung zum Schutz von landwirtschaftlichen Nutztieren vor Beutegreifern im Freien gehalten werden, wenn sichergestellt ist, dass jedem Herdenschutzhund ausreichend Schutz vor widrigen Witterungseinflüssen zur Verfügung steht, und zeitweilig oder dauerhaft umzäunte Flächen, die mit Strom führenden Vorrichtungen zur Abwehr von Beutegreifern versehen sind, so bemessen sind, dass ein Herdenschutzhund mindestens sechs Meter Abstand zu diesen Vorrichtungen halten kann. Sofern die örtlichen Gegebenheiten die Einhaltung des Abstandes nicht zulassen, genügt abweichend davon ein Abstand von vier Metern.
(B) Zu dieser Regelung heißt es u.a. in der Begründung, dass es sich bei Herdenschutzhunden um große und schwere Hunde unterschiedlicher robuster und kälteresistenter Rassen handelt, die zum Schutz von Nutztieren vor Beutegreifern eingesetzt werden. Sie leben im Gegensatz zu Hütehunden und anderen Arbeitshunden in der Regel dauerhaft mit den Nutztieren zusammen auf der Weide, was die Festlegung spezifischer Haltungsbedingungen erfordert. Das Vorhalten einer Schutzhütte – wie ansonsten in der Tierschutz-Hundeverordnung gefordert – ist während der Tätigkeit und der Ausbildung von Herdenschutzhunden, insbesondere bei wechselnden Standorten, nicht praktikabel. Herdenschutzhunde leben zusammen mit den von ihnen beschützten Nutztieren auf den Weideflächen und nutzen die Schutzhütte in der Regel nicht. Ihre Konstitution ist an das Leben im Freien angepasst.
Jedoch wird vorgegeben, dass Herdenschutzhunden ausreichend Schutz vor widrigen Witterungseinflüssen geboten werden muss. Dazu zählt neben Kälte und Nässe auch der Schutz vor Sonneneinstrahlung und Hitze. In der Verordnungsbegründung wird dazu ausgeführt, dass die neue Formulierung flexible, praxistaugliche Lösungen abhängig von den örtlichen Bedingungen ermöglicht. So kann der Witterungsschutz z.B. durch auf den Weideflächen vorhandene geeignete Vegetation, Weidezelte oder Strohballen mit Plane gewährleistet werden. Ein Kontakt der Herdenschutzhunde mit den stromführenden Vorrichtungen ist durch die Haltung auf weitläufigen Weideflächen in der Regel auszuschließen. Wenn die Hunde genügend Bewegungsraum bzw. Abstand haben, um den Kontakt mit Strom führenden Vorrichtungen zu vermeiden, steht ihrem Einsatz und ihrer Ausbildung in Strom führenden Einfriedungen tierschutzfachlich nichts entgegen. Dies gilt jedoch nicht für Welpen (siehe § 3 Absatz 5). Der erforderliche Abstand, um ein rechtzeitiges Abbremsen der großen Hunde auch bei schnellen Bewegungen und im Spiel zu verhindern, beträgt mindestens sechs Meter, was einem Bewegungsraum von mindestens 144 m² innerhalb der stromführenden Einfriedung entspricht. In Ausnahmefällen kann dieser Abstand auf vier Meter verringert werden, sofern die örtlichen Gegebenheiten keinen größeren Abstand zulassen.
§ 5 Anforderungen an das Halten in Räumen und (neu) Raumeinheiten
(V) Bei Paragraph 5 wird ebenfalls bereits die Überschrift geändert und um den Begriff „Raumeinheiten“ ergänzt. Diese Ergänzungen finden sich dann auch in den näheren Regelungen des Paragraphen wieder. Es wird bestimmt, dass ein Hund in Räumen oder Raumeinheiten, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen, nur dann gehalten werden darf, wenn die benutzbare Bodenfläche die Anforderungen an Zwinger erfüllt, für den Hund der freie Blick aus dem Gebäude oder der Raumeinheit heraus gewährleistet ist und bis zu einer Höhe, die der aufgerichtete Hund mit den Vorderpfoten erreichen kann, keine Strom führenden Vorrichtungen, mit denen der Hund in Berührung kommen kann, oder Vorrichtungen, die elektrische Impulse aussenden, vorhanden sind.
Der freie Blick aus dem Gebäude oder der Raumeinheit ist dann nicht erforderlich, wenn dem Hund tagsüber ständig ein Auslauf ins Freie zur Verfügung steht.
Es ist gut, dass es diese Ausnahme gibt, denn diese Situation wird sicherlich sehr oft in Tierheimen gegeben sein.
Neu ist auch, dass ein Hund in nicht beheizbaren Räumen oder Raumeinheiten nur gehalten werden darf, wenn diese mit einer Schutzhütte oder einem trockenen Liegeplatz, der weich oder elastisch verformbar ist und der einen ausreichenden Schutz vor Luftzug und Kälte bietet, ausgestattet sind sowie außerhalb der Schutzhütte ein wärmegedämmter Liegebereich zur Verfügung steht, der weich oder elastisch verformbar ist.“
(B) Was wollte der Verordnungsgeber mit dieser Regelung erreichen? Auch hier hilft wieder der Blick in die Begründung, in der Folgendes ausgeführt wird:
„Die Einfügung des Wortes „Raumeinheiten“ dient dazu, den Anwendungsbereich … auf Raumeinheiten zur Unterbringung von Hunden zu erweitern. Die Anforderungen gelten damit nicht nur für Räume im engeren Sinne, sondern auch für abgetrennte fest installierte Raumeinheiten (wie z.B. Verschläge) sowie für bewegliche Raumeinheiten (wie z.B. Kisten und andere Behältnisse). Raumeinheiten, wie z.B. Transportboxen, die die Anforderungen nicht erfüllen, sind zur Haltung von Hunden ungeeignet. Werden Hunde in Räumen oder Raumeinheiten gehalten, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen, sind im Wesentlichen die Kriterien einer Zwingerhaltung erfüllt. Deshalb muss aus fachlichen Gründen die Sicht nach draußen ebenso wie in der Zwingerhaltung erfüllt sein…“
Wichtig ist sicher dabei, in Bezug auf Unterbringung in Transportboxen auf den genauen Wortlaut und die übrigen Bestimmungen der Tierschutz-Hundeverordnung zu achten. Zunächst einmal: die Tierschutz-Hundeverordnung ist generell nicht für den Transport anzuwenden (vgl. § 1 TierSchHuV). Der geänderte Paragraph 5 bezieht sich klar auf Räume, die nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen. Situationen in Wohnräumen werden von der Regelung nicht erfasst. Und trotzdem stellt sich natürlich die Frage, ob man dann Hunde in Transportboxen oder -käfigen in Wohn- oder Büroräumen halten darf. Grundsätzlich kann man sagen: Transportboxen dienen dem Transport, nicht der Haltung. Eine Haltung in diesen ist außer zu Zwecken des Transportes nicht zulässig. Entsprechende Gerichtsurteile sind da eindeutig. Punkt.
Die Zulässigkeit einer kurzfristigen Unterbringung von Hunden in Boxen oder Käfigen o. ä. in Wohnräumen muss daher zuletzt am Einzelfall und mit Blick auf die allgemeinen Anforderungen des § 2 Tierschutzgesetzes wie auch der TierSchHuV geprüft werden. Zu bewerten ist dabei die Gesamtsituation. Zu beantworten sind Fragen wie etwa nach der Dauer des Aufenthalts, der Anwesenheit einer Betreuungsperson, andere Gesamtumstände (Hitze, Kälte, Futter, Wasser) und der physischen wie psychischen Zustandes des Hundes (Ruhen, Erregung, Stressanzeichen). Im Deutschen Tierärzteblatt (Ausgabe 3/2022) wurde gerade aktuell ein Artikel zu dem Thema „Verwendung von verschließbaren Hundeboxen im Alltag“ veröffentlicht, der sich sehr intensiv mit der Tierschutzrelevanz der Nutzung solcher Boxen auseinandersetzt. Die Autorinnen und der Autor stellen dabei fest, dass es unstrittig ist, dass eine Unterbringung in einer Box oder einem Zimmerkäfig nicht „verhaltensgerecht“ ist und weder den Mindestanforderungen der TierSchHuV noch den Haltungsanforderungen der nach § 2 TierSchG entspricht. Auf entsprechende Gerichtsurteile wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Die Autoren ziehen das Fazit, das stundenlanges Einsperren von Hunden in Zimmerkäfigen oder Boxen tierschutzrechtlich nicht zulässig ist. Als Orientierungswert für eine zulässige vorübergehende Einschränkung der Mindestanforderungen wird von ihnen unter Bezug auf Expertenmeinungen eine halbe Stunde als Grenze angesehen.
Falls jemand die Veröffentlichung von D. Döring, B. Schneider, M. H. Erhard und S. Schönreiter: „Verwendung von verschließbaren Hundeboxen im Alltag“ (Deutsches Tierärzteblatt 2022; 70 (3)) nachlesen möchte: Die Artikel des Tierärzteblattes sind immer mit einem Monat Verzögerung online als pdf frei verfügbar.
Ich will es aber auch klar sagen, es gibt an dieser Stelle gleichermaßen auch Meinungen, die die Verwendung von Boxen in jeglicher Situation und unabhängig von der Dauer als nicht tierschutzkonform ansehen Am Ende werden Gerichtsurteile möglicherweise weitere „Klarheit“ bringen müssen.
§ 6 Anforderungen an die Zwingerhaltung
(V) Wesentliche Änderung ist, dass bei der Haltung einer Hündin mit Welpen es nunmehr nicht mehr ausreicht, wie bislang, den Zwinger um die Hälfte der erforderlichen Zwingermaße zu vergrößern, sondern für jede Hündin mit Welpen das Doppelte der benutzbaren Zwinger-Bodenfläche zur Verfügung stehen muss.
Klargestellt wird weiter, dass der bislang für Zwingerhaltung vorgeschrieben Sichtkontakt der Hunde, nicht für Zwinger gilt, in denen sozial unverträgliche Hunde gehalten werden. Aber auch in diesem Fall muss der im Zwinger gehaltene Hund mindestens an einer Zwingerseite freie Sicht nach außen haben.
(B) Aus Sicht des Verordnungsgebers war diese Regelung nötig, um eine tierschutzgerechte Unterbringung einer Hündin mit Welpen im Zwinger sicherzustellen, die das Bedürfnis der Welpen nach Bewegung und Spiel berücksichtigt.
Da die Vergrößerung der benutzbaren Mindestbodenfläche für die Haltung einer Hündin mit Welpen bauliche Veränderungen erforderlich machen kann, tritt diese Vorschrift erst zwei Jahre später, also am 1.1.2024 in Kraft. Die Tierhalter sollen sich damit auf die neue Rechtslage einstellen und die erforderlichen Umbauten vornehmen können.
(V) Wesentliche Änderungen ergeben sich im Hinblick auf die Anbindehaltung. Diese ist künftig – es gilt hier eine Übergangsfrist von einem Jahr, also ab 1.1.2023 – grundsätzlich verboten. Sehr klar heißt es nun: „Hunde dürfen nicht angebunden gehalten werden.“
Davon gibt es aber auch künftig eine Ausnahme, wie sie auch bisher galt: so ist die Anbindehaltung eines Hundes bei Begleitung einer Betreuungsperson während der Tätigkeiten, für die der Hund ausgebildet wurde oder wird, weiterhin zulässig, wenn die Anbindung mindestens drei Meter lang und gegen ein Aufdrehen gesichert ist, das Anbindematerial von geringem Eigengewicht und so beschaffen ist, dass sich der Hund nicht verletzen kann, sowie breite, nicht einschneidende Brustgeschirre oder Halsbänder verwendet werden, die so beschaffen sind, dass sie sich nicht zuziehen und nicht zu Verletzungen führen können.
(B) Zum Verbot der Anbindehaltung heißt es – vergleichsweise kurz – in der Begründung: Die Anbindehaltung von Hunden ist nicht mehr zeitgemäß und wird aufgrund der dauerhaften Anbindung und der einhergehenden Einschränkungen im Bewegungs- und Sozialverhalten für den Hund nicht länger als tierschutzgerecht beurteilt. … Die Ausnahmen von diesem Verbot soll auf den mobilen Einsatz von Hunden im Zusammenhang mit den Tätigkeiten, für die der Hund ausgebildet wurde oder wird, abzielen. Als Beispiel wäre der Einsatz von Rettungshunden in einem Katastrophengebiet zu nennen, bei dem vor Ort in der Regel keine Haltungseinrichtungen wie Zwinger für die Hunde vorhanden sein dürften. Die Hunde könnten im Rahmen dieser Ausnahme in Anbindehaltung z.B. nachts untergebracht werden. Um die eigentliche Einsatztätigkeit geht es dabei nicht, da beim Führen des Hundes durch die Betreuungsperson an der Leine keine Anbindehaltung stattfindet. Ähnliche Fälle des mobilen Einsatzes mit der erforderlichen Unterbringung in Anbindehaltung sind laut Begründung auch für Dienst- und Wachhunde denkbar.
Und Achtung: auch hier gilt noch eine Übergangszeit von einem Jahr in der die alte Regelung gilt, d.h. die Anbindehaltung weiter erlaubt ist. Erst ab dem 1.1.2023 tritt das Verbot der Anbindehaltung in Kraft, weil das Verbot organisatorische und gegebenenfalls auch bauliche Veränderungen erforderlich machen kann.
Die wesentliche Änderung dieses Paragraphen ist eine Ergänzung der bisher bereits für das Halten in Fahrzeugen geltenden Vorschriften. Danach war bereits in der Vergangenheit durch die Betreuungsperson dafür zu sorgen, dass bei dem Verbleiben eines Hundes im Fahrzeug für genügend Frischluft und angemessene Temperaturen zu sorgen war. Nunmehr gilt das allgemein und insbesondere für den Aufenthalt in Fahrzeugen oder Wintergärten sowie sonstigen abgegrenzten Bereichen, in denen die Lufttemperatur schnell ansteigen kann.
Das bereits bislang geltende Verbot, Hunde auszustellen oder Ausstellungen mit Hunden zu veranstalten, bei denen Körperteile, insbesondere Ohren oder Rute, tierschutzwidrig vollständig oder teilweise amputiert worden sind, wird erweitert um ein Ausstellungsverbot von Hunden, die Qualzuchtmerkmale zeigen.
So gilt das Ausstellungsverbot nunmehr auch für Hunde, bei denen erblich bedingt
- Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten,
- mit Leiden verbundene Verhaltensstörungen auftreten,
- jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder
- die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt.
Zudem wird dieses Ausstellungsverbot auch auf „sonstige Veranstaltungen, bei denen Hunde verglichen, geprüft oder sonst beurteilt werden“ ausgedehnt.
(B) Laut Begründung ist mit dieser Regelung ein Ausstellungsverbot für Hunde vorgesehen, die Qualzuchtmerkmale aufweisen. Das Verbot gilt auch dann, wenn die Qualzuchtmerkmale nicht gezielt herausgezüchtet worden sind. Durch das Verbot soll laut Verordnungsgeber der Zuchtanreiz entfallen, Hunde, die Qualzuchtmerkmale aufweisen, auszustellen und dabei gegebenenfalls auch Preise gewinnen zu können. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass diese Hunde von einem Publikum wahrgenommen werden und dadurch die Nachfrage nach ihnen steigt. Von dem Ausstellungsverbot erfasst werden auch Hunde, die nach Deutschland verbracht oder eingeführt worden sind und Qualzuchtmerkmale aufweisen.
Zudem wird das neue Ausstellungsverbot für Hunde mit Qualzuchtmerkmalen ebenso wie das bereits für Hunde mit tierschutzwidrigen Amputationen bestehende Ausstellungsverbot auf alle Veranstaltungen ausgedehnt, bei denen Hunde verglichen, geprüft oder beurteilt werden. Damit werden auch Veranstaltungen erfasst, bei denen nicht das „zur Schau stellen“ und die Auswahl von Hunden anhand von Rassemerkmalen im Vordergrund steht, wie z.B. sportliche Wettkämpfe. Auf diese Weise soll die Nachfrage nach entsprechenden Hunden weiter reduziert werden.
Und zuletzt werden auch die Ordnungswidrigkeitentatbestände an die neuen Bestimmungen angepasst und entsprechend ergänzt.
Was ändert sich dadurch für Hundehalter*innen, Hundetrainer*innen und Menschen, die beruflich Hunde betreuen; z.B. Pensionen und Tierheime?
Eben habe ich ja schon im Detail ausgeführt, was sich an neuen Änderungen ergibt und welche Gründe dafürsprachen.
Von besonderem Interesse für Hundehalter*innen und Hunde*trainerinnen ist sicherlich das Verbot von Stachelhalsbändern und „schmerzhaften Mitteln“ bei der Erziehung, Ausbildung und Haltung. Da wird noch zu klären sein, was man genau unter „schmerzhaften Mitteln“ versteht und wie eine fachlich sinnvolle Umsetzung erfolgt. Wichtig ist sicher auch, zu wissen, dass spätestens ab dem 1.1.2023 die umfänglichen neuen Anforderungen an das Züchten bei jeder Art des Züchtens – gewerbsmäßig oder auch nur im Hobby-Bereich – anzuwenden sind. Und es ist wichtig zu wissen, dass Welpen bis zu einem Alter von 20 Wochen, so lange geht man von der wichtigen Phase der Sozialisierung aus, mindestens 4 Stunden am Tag „Umgang mit der Betreuungsperson“ zusteht. Pensionen und Tierheime müssen spätestens ab dem 1.1.2023 die an die Gruppenhaltung geänderten Anforderungen bzgl. individuellem Liegeplatz und Fütterung berücksichtigen. Und auch das Verbot der Anbindehaltung ab spätestens dem 1.1.2023 wird für den bzw. die ein oder andere Hundehalter*in Änderungen bedeuten. Ich hoffe darüber hinaus, dass das Verbot von Ausstellungen und Veranstaltungen von Hunden mit Qualzuchtmerkmalen tatsächlich Wirkung erzielen wird.
Die Reform wird von vielen Seiten kritisiert. Ist die Kritik berechtigt und wenn ja, warum?
Ich hatte ja schon darauf hingewiesen, dass im Rechtsetzungsverfahren die Fachkreise zu einem frühen Zeitpunkt beteiligt und gehört werden. Und deren Meinung bei der Überarbeitung des Entwurfes auch berücksichtigt werden. Zeitlich später im Verfahren können dann die Länder nochmals Änderungen über den Bundesrat einbringen. Bei diesem Schritt bzw. danach findet aber keine formelle Beteiligung der Fachkreise mehr statt. Alle durch den Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen müssen durch das die Verordnung erlassende Bundesministerium übernommen werden oder die Verordnung kann nicht in Kraft treten.
Das kann leider dazu führen, dass der ein oder andere Aspekt zu kurz kommt, sich die Fachkreise und Verbände „außen vorgelassen“ fühlen und die Umsetzung der Verordnung später auf Schwierigkeiten trifft.
Und natürlich ist es auch so, dass mit strengeren Regelungen, wie sie die TierSchHuV jetzt etwa für das Züchten oder mit dem Verbot Hunde mit Qualzuchtmerkmalen auf Ausstellungen und anderen Veranstaltungen zu zeigen, vorsieht, nicht immer alle ausnahmslos glücklich sein werden. So sind diese Regelungen im Sinne des Tierschutzes aus meiner Sicht zwar absolut zu begrüßen, aber sie werfen sicherlich nicht nur bei Züchtern der entsprechenden Rassen Fragen auf, sondern stellen auch den Vollzug vor erhebliche Herausforderungen.
Ganz konkret wird im Text die Anwendung von Strafreizen verboten. Das ist ja eigentlich wünschenswert, steht aber ebenfalls in der Kritik. Warum?
Das Thema Stachelhalsbänder / Anwendung schmerzhafter Mittel beim Training, der Erziehung oder Ausbildung von Hunden hat ja bereits erhebliche öffentliche Diskussionen, insbesondere in Zusammenhang mit der Ausbildung von Diensthunden, ausgelöst. So erklärte offensichtlich die Berliner Polizei in einer ersten Reaktion ab sofort keine Schutzhunde mehr einsetzen zu können. Mittlerweile setzt man ausgebildete Diensthunde aber wieder ein, da der genaue Verordnungswortlaut das Stachelhalsbandverbot etc. „nur“ auf Training, Ausbildung und Erziehung nicht aber das sonstige Führen fokussiert. Auch aus anderen Bundesländern gab es die unterschiedlichsten Pressemitteilungen dazu.
Bereits im September 2021 antwortete die Bundesregierung auf eine Frage der Fraktion der FDP (BT-Drs. 19/32373 vom 10.09.2021), welche Auswirkungen das Verbot auf das Diensthundewesen habe und wie „schmerzhafte Mittel“ zu definieren seien, dass „die Prüfung, welche Auswirkungen sich aus dem Maßgabebeschluss des Bundesrates ergeben“, „innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen“ sei. Soweit mir bekannt ist, stehen derzeit Bund und Länder im engen Austausch, um weitere Möglichkeiten hinsichtlich der Anpassung der Aus- und Fortbildung der Diensthunde zu prüfen.
Die Rechtslage ist jedenfalls nicht einfach, schaut man sich den Verordnungstext wie auch die Begründung genau an. Da heißt es im neu eingefügten § 2 Absatz 5 der TierSchHuV: „Es ist verboten, bei der Ausbildung, bei der Erziehung oder beim Training von Hunden Stachelhalsbänder oder andere für die Hunde schmerzhafte Mittel zu verwenden.“ Zur Begründung wird durch den Bundesrat hierzu ausgeführt: „Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Erziehungsmethoden von Hunden beurteilen die Anwendung von Strafreizen zur Erziehung von Hunden als nicht tierschutzkonform. Insofern ist die Verwendung von Stachelhalsbändern oder anderen für die Hunde schmerzhaften Mitteln als tierschutzwidrig zu verbieten.“
Aber da ergeben sich eben schon die Probleme. Was genau sind denn „schmerzhafte Mittel“ und stimmt tatsächlich wissenschaftlich die Aussage zur Lerntheorie, dass die „Anwendung von Strafreizen zur Erziehung von Hunden als nicht tierschutzkonform“ zu bewerten ist?
Diese Punkte müssen dringend – und unter Einbezug der entsprechenden Fachkreise und Wissenschaft – geklärt werden.
Unter Beachtung der Lerntheorie ist jedenfalls die Aussage, Strafreize zur Erziehung von Hunden seien nicht tierschutzkonform, nicht haltbar und missverständlich. Denn „Strafreize“ in der Hundeausbildung sind m.E. mannigfaltig, nicht zwingend mit Schmerzen verbunden und keinesfalls als solche bereits als tierschutzwidrig einzuordnen – erst einmal sind es Reize, aufgrund derer ein Verhalten im weiteren Verlauf weniger gezeigt wird. Um ein einfaches Beispiel zu geben: schon das konsequente Verweisen eines Hundes von einem Sofa oder Bett oder das Vorenthalten eines Leckerlis können lerntheoretisch zunächst als „Strafreiz“ gewertet werden.
Auch zu definieren ist, was unter einem schmerzhaften Mittel zu verstehen ist. „Schmerzen“ werden in Zusammenhang mit dem Tierschutzgesetz als „..eine unangenehme sensorische und gefühlsmäßige Erfahrung eines Individuums (Empfindung), die mit akuter oder potentieller Gewebeschädigung einhergeht; eine solche Erfahrung ist nicht gegeben, wenn das Verhalten lediglich ein Abwehr- oder Ausweichreflex ist“ definiert (Lorz/Metzger, Tierschutzgesetz 7. Aufl. §1 Rn. 21).
In der Hundeerziehung fachlich legitimierte, aversive Methoden – wie etwa eine Begrenzung des Hundes oder ein angemessen dosierter Leinenruck – sind m.E. von dieser Begriffsdefinition nicht erfasst.
M.E. sollte in diesem Zusammenhang auch dringend klargestellt werden, dass wissenschaftlich und lerntheoretisch bestimmte Fach-Termini bzw. Fallkonstellationen gelten: So gilt als „Verstärkung“ sowohl das Hinzufügen eines angenehmen Reizes oder aber das Entfernen eines unangenehmen Reizes. Als „Bestrafung“ gilt das Hinzufügen eines unangenehmen Stimulus oder das Fortnehmen eines angenehmen. Und das auch nur dann, wenn auf den jeweiligen Stimulus eine entsprechende Verhaltensänderung folgt.
Jede dieser Fallkonstellationen hat in der Erziehung von Hunden seine Berechtigung und erfordert eine entsprechende Sachkunde beim individuellen Einsatz.
Das bedeutet, dass auch die heute gerne in Zusammenhang mit der Hundeausbildung verwendete umgangssprachliche Redewendung „es wird nur positiv gearbeitet“ fachlich betrachtet missverständlich ist, sofern damit ausgedrückt werden soll, dass der Hund bei der Erziehung lediglich angenehmen Eindrücken ausgesetzt wird – denn positiv wäre es auch, einen aversiven Reiz hinzuzufügen (sic), um ein Verhalten im Folgenden zu vermindern. Eine Hundeausbildung, die versucht, lediglich mit dem Hinzufügen angenehmer Reize zu arbeiten (oder auch mögliche Vorgaben in diesem Sinne) halte ich persönlich für nicht fachgerecht, wenn nicht sogar fahrlässig. Denn das Ergebnis solcher Erziehungsansätze ist in den Tierheimen tagtäglich zu erleben: dort werden Hunde abgegeben, die nicht gelernt haben, sozial adäquat mit Mensch wie Tier zu agieren, deren problematische Verhaltensweisen nicht abgebaut wurden und die dadurch gefährlich geworden sind und deren Resozialisierung und erneute Vermittlung höchst anspruchsvoll und nicht selten unmöglich ist.
Kannst Du uns ein paar Beispiele aus der Praxis geben, wo es durch die neuen Regeln schon zu Unsicherheiten oder Problemen gekommen ist?
Ja, gerne. Es sind die bereits angesprochenen Änderungen, die zu Unsicherheit führen. Allen voran und in der öffentlichen Diskussion präsent sind sicherlich die bereits angesprochenen „schmerzhaften Mittel“.
Aber auch die Betreuungszeiten für Welpen bis zu einem Alter von 20 Wochen führen zur Verunsicherung. Was meint man genau damit? Müssen Tierheime, wenn sie Welpen halten, grundlegend umorganisieren und ggf. auch mehr Personal einstellen? In der Regel befinden sich Welpen ja auch nur über einen sehr kurzen Zeitraum im Tierheim und sind nicht selten, insbesondere, wenn sie legal aus dem europäischen Ausland stammen, mindestens 15 Wochen alt.
Dazu glaube ich, dass die allermeisten Tierheime schon jetzt über die Versorgung, Gesundheitsvorsorge, das Training u.v.m. im Tierheimalltag locker auf die erforderlichen 4 h Umgang mit Betreuungspersonen kommen und die Anforderungen der TierSchHuV erfüllen. Wir erinnern uns: gemäß Begründung zum Verordnungstext sind unter Umgang alle Tätigkeiten zu verstehen, die den Welpen Reize olfaktorischer, taktiler, akustischer und optischer Art bezogen auf den Kontakt mit Menschen, Artgenossen und der Umwelt vermitteln. Dazu zählen laut Begründung insbesondere Berührungen, Ansprache und Spiel sowie die Versorgung, Pflege der Welpen und Gesundheitsvorsorge in Bezug auf die Welpen.
Und dann stellt sich auch die Frage, wie mit den so genannten „Quarantäne-Welpen“ umzugehen ist. Diese Welpen kamen illegal nach Deutschland, verfügen nicht über den erforderlichen Impfschutz oder schlüssige Papiere und müssen aufgrund tierseuchenrechtlicher Anordnungen des Amtstierarztes unter strengen Bedingungen für eine gewisse Zeit gesondert gehalten werden. Die Erfüllung aller Anforderungen der TierSchHuV ist unter diesen Umständen schwierig, auch wenn man sich nach Kräften um eine bestmögliche Haltung bemüht. Aber die TierSchHuV bestimmt im § 1 auch die Grenzen ihrer Anwendbarkeit. Und da heißt es, dass die TierSchHuV nicht anzuwenden ist, wenn nach tierärztlichem Urteil eine andere Haltung erforderlich ist. Diese Situation ist m.E. hier gegeben.
Fragen tauchten auch schon im Zusammenhang mit dem Betreuungsschlüssel für das gewerbsmäßige Züchten auf. Dieser wurde von 1 Betreuungsperson für 10 Zuchthunde auf 1 Betreuungsperson für 5 Zuchthunde abgesenkt. Da es keinen eigenen Betreuungsschlüssel für Pensionen und Tierheime gibt, wurde der bisherige Betreuungsschlüssel (1/10) von Vollzugsbehörden gerne auch hierfür analog im Genehmigungsverfahren angewendet. Nun entstand die Sorge, ob die Absenkung dann entsprechend auch in diesem Bereich greift und plötzlich mehr Personal eingestellt werden muss.
Aus meiner Sicht geht das aber nicht. Schaut man sich die neuen Änderungen und deren Begründung an, stellt man fest, dass diese Verschärfungen ausschließlich in Zusammenhang mit der Haltung von Welpen mit dem Ziel einer besseren Sozialisation stehen. Der Verordnungstext nennt hier eindeutig und ausschließlich den Bereich des „gewerbsmäßigen Züchtens“. Es dürfte m.E. den Vollzugsbehörden schwerfallen, eine entsprechende Änderung und Verschärfungen in „normalen Haltungen“, sofern es nicht um das gewerbsmäßige Züchten geht, im Verwaltungsverfahren zu begründen. Außerdem kann es m.E. auch nicht im Sinne der Vollzugsbehörden sein, die ohnehin bereits angespannte Tierheimsituation durch weitere und verschärfte Auflagen, die mit einer erheblichen Aufstockung des Personals einhergehen würden, zu erschweren. Das kann so nicht gewollt sein und war mit Sicherheit auch nicht Ziel der Verordnungsänderung. Jedenfalls findet sich dazu kein Hinweis in der amtlichen Begründung zum Verordnungstext.
Um noch ein letztes Beispiel zu nennen: Ganz sicher wird das Verbot von Ausstellungen und Veranstaltungen mit Hunden mit Qualzuchtmerkmalen noch zu Fragen führen. Ich gehe davon aus, dass sich Veterinärämter der sehr aufwändigen Aufgabe des Vollzugs stellen werden und es in einiger Zeit dann Gerichtsurteile geben wird, die hoffentlich zu mehr Klarheit führen werden. So ist sicherlich die spannende Frage, ob lediglich weiterhin das Einzeltier mit den entsprechenden, nachgewiesenen Qualzuchtmerkmalen reglementiert werden kann oder tatsächlich bestimmten Rassen generell bestimmte Qualzuchtmerkmale gerichtsfest zugesprochen werden.
Was denkst Du, wie es jetzt mit der Reform weitergeht? Wird es Nachbesserungen geben?
Schon im Bundesratsverfahren wurde festgestellt, dass es an bestimmten Stellen der Verordnung weiterer Konkretisierungen bedarf.
Nicht nur die Medien, sondern auch der Bundestag und einzelne Landtage haben sich bereits mit der Fragestellung des Einsatzes „schmerzhafter Mittel“ bei der Erziehung, Ausbildung und im Training beschäftigt.
Und letztendlich wird auch erst durch die Anwendung und den Vollzug der Verordnung noch so manche Frage auftauchen und zu klären sein.
Ich glaube aber im Moment nicht, dass es deshalb kurzfristig erneute Änderungen am Verordnungstext geben wird.
Soweit mir bekannt, gibt es aber einen intensiven Austausch zwischen Bund und Ländern zu einzelnen Änderungen und Überlegungen, wie mit diesen weiter umzugehen ist. Es bleibt daher abzuwarten, ob es ggf. abgestimmte Auslegungshilfen von Seiten des BMEL und/oder der Länder geben wird, ob Gutachten dazu veröffentlicht werden oder ob es am Ende doch zu Rechtsänderungen kommen wird. Und auch eines wird eine Rolle spielen: Findet man im Vollzug nicht zu einer einvernehmlichen, gemeinsamen Sichtweise, entscheiden am Ende – wie so oft – die Gerichte.
Allerherzlichsten Dank, liebe Viola, für Deine Antworten und Einschätzungen!