Der Elfer
Der Weg zur Berufserlaubnis für Hundetrainer*innen
von: Dr. Nora Brede
Veröffentlicht: 7. Dezember 2022
Im August 2014 wurde das Tierschutzgesetz um einen Passus erweitert. Dieser legt fest, dass Personen, die gewerblich Hunde trainieren oder Menschen darin anleiten wollen, Hunde zu trainieren, dafür sachkundig sein müssen. Oder einfacher: Wer selbstständig als Hundetrainer*in arbeitet, benötigt eine Erlaubnis, um den Beruf auszuüben – ansonsten drohen Bußgelder.
In diesem Artikel erklären wir Dir, was es mit dem 11er, der Berufserlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 Buchstabe f des Tierschutzgesetzes, auf sich hat. Wir geben Tipps, welche Schritte Du wann gehen solltest, wenn Du gewerblich als Hundetrainer*in arbeiten möchtest, und worauf Du achten solltest.
Im August 2014 wurde das Tierschutzgesetz um einen Passus erweitert. Dieser legt fest, dass Personen, die gewerblich Hunde trainieren oder Menschen darin anleiten wollen, Hunde zu trainieren, dafür sachkundig sein müssen. Oder einfacher: Wer selbstständig als Hundetrainer*in arbeitet, benötigt eine Erlaubnis, um den Beruf auszuüben – ansonsten drohen Bußgelder.
Seit dieser Änderung ist es nicht mehr möglich, morgens aufzuwachen und zu beschließen, von nun an Geld mit Hundetraining zu verdienen – wie es oft despektierlich formuliert wurde. Der Passus kam nicht ohne Grund, denn mit diesem Beruf geht eine große Verantwortung einher, die Sachkunde erfordert: Das Tierwohl muss gewahrt werden, es darf keine und / oder in fehlender Sachkunde begründete Gewalt gegen Hunde angewandt werden, Personen (vor allem Kinder) und die Umwelt müssen im schlimmsten Fall vor gefährlichen Hunden geschützt werden.
Zwei große Herausforderung ergaben sich in den ersten Jahren: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sorgte zwar für die entsprechende Rechtsetzung, der Vollzug lag (und liegt) aber bei den Bundesländern. Die wiederum übertrugen die Überprüfung und Feststellung der Sachkunde angehender Hundetrainer*innen an die örtlichen Veterinärämter. Die Neuerung fand nicht nur hier Anwendung, sondern auch bei allen bestehenden Hundeschulen (wenn auch mit einer Übergangsfrist).
Man kann davon ausgehen, dass diese neue Aufgabe in den allermeisten Veterinärämtern nicht zur Einstellung von zusätzlichem Personal führte. Inwieweit die örtlichen Veterinär*innen gezielt fortgebildet wurden, ist auch nicht bekannt. Klar ist, qua Amt gilt die / der beamtete Veterinär*in bereits als solcher als ‚sachkundig‘ und ihr Urteil ist bindend. Nichtsdestotrotz gibt es schon allein aufgrund demografischer Unterschiede ganz unterschiedliches Wissen in Veterinärämtern: Während in Städten häufig Amtsveterinär*innen sitzen, die besonders gut in Bezug auf Haustierhaltung aufgestellt sind, sind es auf dem Land viel mehr solche, die sich in der Nutztierhaltung besser auskennen.
Im Nachgang erstellte die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz AG Tierschutz (LAG AG T) im November 2015 Empfehlungen, einen Anforderungskatalog, woran die Sachkunde im Beruf Hundetraining allgemein auszumachen und wie das zu prüfen sei. Das Ziel war ein einheitlicher Vollzug. Warum? Unabhängig von dem Anforderungskatalog wird die Erteilung der Berufserlaubnis durch eine sogenannte Einzelfallprüfung ermittelt. Die örtlich zuständige Behörde hat einen weiten Ermessensspielraum, was erst einmal gut ist: Antragsteller*innen bringen ganz individuelle Voraussetzungen mit und kaum ein Weg zur Erlangung der geforderten Sachkunde ist vergleichbar. Das beginnt mit der Wahl der Ausbildungsstätte (sofern überhaupt eine besucht wurde), und geht weiter bei den individuellen Erfahrungen, Kenntnissen und Praktika, des geplanten Trainingsangebotes (Grunderziehung? Sport? Problemverhalten? Einzeltraining? Gruppenstunden?) und der räumlichen Gegebenheiten.
Sicherlich überrascht es niemanden, dass diese Herangehensweise mitunter die seltsamsten Blüten trieb. Nach Jahren könnten wir ein Buch darüber füllen – sowohl über die fundierten Umsetzungen und engagierten, verantwortungsvoll arbeitenden Sachbearbeiter*innen in den Veterinärbehörden, als auch über die haarsträubenden Fälle von offensichtlicher Unkenntnis und Willkür, manchmal gar Schikane seitens einzelner Amtsveterinär*innen.
Acht Jahre hatten alle Zeit, ihren Weg zu finden. In den allermeisten Fällen ist das auch gut gelungen. Heute gilt: Wer sich über Hundetrainer-Ausbildungen informiert, sollte dabei immer frühzeitig das örtliche Veterinäramt mit einbeziehen, damit es nicht zu bösen Überraschungen kommt, weil möglicherweise der eigene Favorit in Sachen Ausbildung vom Veterinäramt abgelehnt wird (dazu allerdings später noch etwas mehr). Also…
Schritt für Schritt zum Elfer für Hundetrainer*innen
Schritt 1: Ruf‘ bei Deinem Veterinäramt an, oder besser noch: Schreib‘ eine E-Mail und erkundige Dich, wie dort die Anerkennung der Sachkunde für die Berufserlaubnis gehandhabt wird. Normalerweise bekommst Du eine unverbindliche Auskunft, allerdings gibt es auch immer wieder Veterinärämter, die nur sehr allgemeine Informationen geben, weil die Sachbearbeiter*innen erst dann mit der offiziellen Einschätzung beginnen, wenn der offizielle Antrag auf ihrem Tisch liegt. Die Ressourcen sind oft sehr knapp und das bekommt man manches Mal zu spüren.
Erhältst Du die Auskunft, dass ausschließlich Ausbildung X oder Zertifizierung Y anerkannt werden, dann ist das streng genommen nicht zulässig, weil damit eine Einzelfallentscheidung ausgeschlossen würde, die aber die Vorgabe für die Überprüfung der Sachkunde ist. Diese Aussage wird deswegen inzwischen immer seltener, aber manchmal dient sie vor allem dazu, Arbeitszeit zu sparen: Wenn die Ausbildung nach einem bekannten und verlässlichen Schema absolviert wird, ist eine Überprüfung der Sachkunde viel weniger aufwendig. Legitim ist, dass die Behörde bei anderen Ausbildungsstätten oder -wegen nachfragt und ggf. eine eigene Prüfung der Sachkunde für erforderlich hält.
Hin und wieder wird förmlich gedroht, dass das Veterinäramt selbst die Sachkunde überprüfen werde, wenn nicht Ausbildung X oder Zertifizierung Y gewählt werden – nicht alle Behörden verfügen an allen Stellen über beraterische Kompetenz. Vielleicht möchte sich auch hier jemand zusätzliche Arbeit ersparen – wir wissen es nicht. Im Grunde ist dieser Weg völlig in Ordnung und gar nicht bedrohlich: Veterinärbehörden dürfen durch Fachgespräche und Überprüfungen der praktischen Arbeit sicherstellen, dass eine Sachkunde wirklich gegeben ist. Wer eine gute Ausbildung absolviert hat, braucht vor dieser Überprüfung mit der unvermeidbaren Büffelei des Lehrstoffes keine Angst zu haben. Bilden die Lehrinhalte einer Ausbildung, die im Anforderungskatalog der LAV AG T genannten Themenbereiche nicht dezidiert ab, dann ist es wahrscheinlicher, dass es Schwierigkeiten bei der Anerkennung geben wird.
Schritt 2: Erkundige Dich bei der Ausbildungsstätte, die Du favorisierst, welche Unterlagen sie für die Einzelfallprüfung zur Verfügung stellt und wie sie gewährleistet, dass Du mit dem Abschluss sachkundig bist und das auch nachweisen kannst. Wird hier gemauschelt, ausweichend bzw. vage geantwortet, gebockt oder lässt sich sonst wie fehlende Kooperationsbereitschaft erkennen? Dann solltest Du auf jeden Fall konkret nachfragen und das gegebenenfalls in Deine Entscheidung einfließen lassen. Eine gute Ausbildung kann und wird Dir das Ausbildungskonzept und die Ausbildungsinhalte darlegen und ggf. entsprechende Unterlagen für das Amt bereitstellen können.
Schritt 3: Sammele alle Unterlagen, die nachweisen, was Du alles für Inhalte gelernt hast. Inhaltlich solltest Du Dich an den Empfehlungen der Arbeitsgruppe entlanghangeln, denn das ist das, was für die Sachbearbeiter*innen bei der Überprüfung wichtig ist. Diese Inhalte solltest Du auch unter den Ausbildungsinhalten finden können und ggf. mit weiteren Seminaren und Kursen aufstocken. Ein Kurs im Dog Dancing ist toll, aber nicht unbedingt relevant, wenn es um Deine Sachkunde geht.
Schritt 4: Praktika sind super. Natürlich darfst Du nicht einfach so lostrainieren, aber im Rahmen von Hundeschulen und ähnlichen Einrichtungen kannst Du hospitieren, lernen, und unter sachkundiger Aufsicht erste Schritte tun. Als Praktikumsstellen eignen sich neben Hundeschulen auch Hundepensionen und Tierheime, denn dort kann man irre viel über das Verhalten von Hunden, unterschiedliche Hunderassen und den Umgang mit fremden Hunden lernen. Aber Achtung: Manche Veterinärämter erkennen Praktika in Tierheimen oder Hundepensionen nicht an, weil dort kein Hundetraining stattfindet. Es kann sich lohnen, dass bei der zuständigen Behörde zu erfragen.
Schritt 5: Stelle früh genug Deinen Antrag bei Deinem örtlichen Veterinäramt, vor allem, wenn Du zuvor nur allgemeine Infos bekommen hast. Dem Antrag liegt häufig auch eine gut formulierte Anleitung mit Ratschlägen und wichtigen Informationen zum Ausfüllen bei.
Es kann Wochen bis mehrere Monate dauern, bis Dein Antrag bearbeitet wird. Das Tierschutzgesetz sieht vor, dass der Antrag durch die Behörde innerhalb einer Frist von vier Monaten ab Eingang des Antrags zu entscheiden ist (§ 11 Abs. 5 TierSchG). Diese Frist kann die Behörde um bis zu zwei Monate verlängern. Kommen weitere Nachfragen dazu, weil nicht alle erforderlichen Unterlagen eingereicht wurden, beginnt die generelle Frist streng genommen wieder von vorne. Also stell‘ sicher, dass Du alle erforderlichen Unterlagen mit dem Antrag eingereicht hast, denn dann stehen die Zeichen gut, dass die Behörde innerhalb der Frist den Antrag bescheidet.
Jetzt kommt die große Frage: Wird die von Dir ausgewählte Ausbildung vollständig oder in Teilen anerkannt? Reicht es, allein die Veranstaltungen besucht zu haben oder verlangt das Veterinäramt, dass eine Überprüfung stattfindet? Erkennt das Veterinäramt die Prüfung Deiner Ausbildungsstätte an? Möchten sie selbst – in Teilen oder vollständig? – prüfen? Ab hier wird es wichtig, nach den Kosten zu fragen, denn die Überprüfung durch Dein Veterinäramt kann zwischen 200 und 1400 Euro kosten. Das hängt davon ab, welche Überprüfung angesetzt wird und ob externe Fachpersonen hinzugezogen werden.
Wenn Du sowieso von Deinem Veterinäramt überprüft wirst, dann kann es Sinn machen, die Prüfung bei Deiner Ausbildungsstätte auszulassen. Wenn Dein Veterinäramt sehr teuer ist und dazu vielleicht nur wenige Termine im Jahr zur Überprüfung anbietet, dann könnte es lohnen nachzufragen, ob eine Zertifizierung durch die Tierärztekammer Niedersachsen oder Schleswig-Holstein anerkannt wird. Die ist nicht günstig, aber wird sehr häufig akzeptiert und meist bekommt man zeitnah einen Termin zur Prüfung (während der offiziellen Pandemie war das teils anders, sollte aber jetzt wieder besser sein).
Bis Du Deine Erlaubnis in der Hand hast, kann es also noch eine ganze Weile dauern. Das ist so und wird sich vermutlich auch nicht ändern. Nutze die Zeit, um bspw. in einer Hundeschule mitzuarbeiten. Engagiere Dich in einem Hundesportverein und übe dort vielleicht Deine Fähigkeiten, Übungen aufzubauen oder Gruppen anzuleiten. Beschäftige Dich mit Deiner anstehenden Selbstständigkeit, dem Businessplan, den Homepage-Texten und -Bildern und was sonst noch so notwendig ist.
Insgesamt ist das System flüssiger geworden, aber es gibt – außer den genannten – immer noch keine standardisierten Abläufe. Immer öfter hört man die Kritik, dass es nicht in der Verwaltung arbeitende Tierärzt*innen sein sollten, sondern Fachpersonen aus dem Berufsfeld Hundetraining, die die Sachkunde überprüfen. Der Beruf wird erwachsener und entwickelt sich weiter. Ob die Entwicklung in diese Richtung geht, ist unklar. Klar ist, dass auch die Ausbildungseinrichtung sehr viel dafür tun kann, um es den Sachbearbeiter*innen im Veterinäramt einfach zu machen, die Einzelfallprüfung mit möglichst wenig Aufwand durchzuführen. Transparenz ist dabei immer ein wichtiger Punkt. Denn letztendlich ist es die Verantwortung der Ausbildungseinrichtung, die Lehrinhalte so zu gestalten, dass sie gute Hundetrainer*innen in die Welt entlassen.
Wichtige Begriffe und Zuständigkeiten
„Der 11er“ – die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 8f TierSchG (Tierschutzgesetz), den Beruf auszuüben. Die Erlaubnis wird erteilt, nachdem die Sachkunde einer Person, die den entsprechenden Antrag gestellt hat, erwiesen wurde. Entweder durch die eingereichten Unterlagen und / oder durch eine Überprüfung. Der sogenannte 11er selbst ist ein mehrseitiges Schreiben, das die Sachkunde der antragstellenden Person anerkennt und ggf. mit Auflagen versieht. Auch Befristungen sind in diesem Zusammenhang möglich. Achtung: Wenn Du nicht mit den Auflagen einverstanden bist, besteht die Möglichkeit, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen. Wie und wo genau, findest Du in der Rubrik „Rechtsbehelfsbelehrung“ am Ende des Bescheids. Hier musst Du auf jeden Fall die angegebenen Fristen beachten. Lies‘ Dir also den Bescheid nach Erhalt direkt und ganz durch, damit Du ggf. handeln kannst.
„Zertifizierung“ – Schon bevor der Passus ins Tierschutzgesetz aufgenommen wurde, haben sich Tierärztekammern zweier Bundesländer, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, organisiert und das Angebot einer Zertifizierung der Sachkunde einer Person durch einen mündlichen und einen praktischen Test angeboten. Der Begriff der „Zertifizierung“ bezieht sich normalerweise auf dieses Angebot. Tierärztekammern anderer Bundesländer bieten keine Zertifizierungen (allerding die Landestierärztekammer Rheinland-Pfalz eine Sachkundeprüfung). Das ist kein böser Wille, sondern liegt in der Natur der Dinge: Tierärztekammern sind hier einfach nicht zuständig.
Vor 2014 war die Zertifizierung durch die TÄK eine Möglichkeit für Hundetrainer*innen, nachzuweisen, dass sie befähigt und geprüft sind, was zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesetzlich notwendig war. Nach 2014 haben einige Veterinärämter versucht, auf die Einzelfallüberprüfung zu verzichten, indem sie bestimmten, nur Personen mit dieser Zertifizierung eine Sachkundebestätigung ohne eigene Überprüfung auszugeben. Das wurde durch ein Gerichtsurteil untersagt.
Anerkennung von Ausbildungen durch Landes- oder die Bundestierärztekammer – Immer wieder behaupten Sachbearbeiter*innen, eine Ausbildungsstätte für Hundetrainer*innen müsse durch eine dieser Institutionen anerkannt sein. Von einzelnen Zertifizierungsangeboten (s. „Zertifizierung“) abgesehen, haben TIERÄRZTEkammern keine Befugnis und kein Interesse (zu recht, s.o.), Ausbildungseinrichtungen für Hundetrainer*innen anzuerkennen.
Zeugnis / Zertifikat / Diplom / Urkunde / Abschluss / Studium/ Geprüfte*r XY – Bisher ist die Ausbildung zum / zur Hundetrainer*in staatlich nicht anerkannt. Deswegen kann man den Beruf auch nicht in einer Berufsschule lernen, es gibt keine Ausbildungsbetriebe usw. Die Begriffe sind aber auf dem Markt auch nicht geschützt. Es herrscht also ein großes anarchisches Begriffskuddelmuddel, das man auf keinen Fall in Bezug zu staatlich anerkannten Berufen setzen sollte. Das ist aber auch kein Betrug – Anbieter*innen nutzen die Begriffe, die am häufigsten gegoogelt werden oder die, die sie für ihre Eigendarstellung nutzen möchten.
Hundetrainer*in / Hundeverhaltensberater*in / Hundepsycholog*in / usw. usf. – Soweit sich das von außen und von den Lehrinhalten erkennen lässt, kochen alle Menschen mit diesen Berufsbezeichnungen mit Wasser. Mal ist es eine etwas andere Gewichtung, mal der Fokus auf einen Schwerpunkt, und mal ist es ein Alleinstellungsmerkmal mit mehr oder weniger fundiertem Hintergrund. Immer schön die Augen offenhalten! Hier geht es immer um private Marktwirtschaft, weil es keine staatliche Anerkennung und damit auch keine staatlichen Mittel für Ausbildungsstätten gibt.