Hundetrainer*innen und Elternschaft

Nina Dany

Das Thema Elternschaft wird im Berufsfeld Hundetraining bislang eher stiefmütterlich behandelt – obwohl die meisten Hundetrainer*innen Frauen sind. Wie steht es um die Vereinbarkeit von Familie und den Beruf Hundetrainer*in, welche Herausforderungen können Schwangerschaft, Stillzeit und Kinderbetreuung mit sich bringen? 

Bilder zum Thema zeigen größtenteils viel Sonne und lachende Eltern. Die Realität bildet das nicht unbedingt ab.

Eine lachende Familie aus Mutter, Vater und zwei Kindern liegt auf dem Gras, sie kuscheln einen Hund und sehen glücklich aus.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für Eltern ein wichtiges Thema und stellt diese oft vor große Herausforderungen. Obwohl dies in anderen Berufen viel diskutiert wird und diverse Arbeitsmodelle von Teilzeit über Homeoffice bis hin zur betrieblichen Kinderbetreuung existieren, wird das Thema in Hundetrainerkreisen regelrecht stiefmütterlich behandelt. Das ist umso erstaunlicher, wenn man sieht, dass die meisten Hundetrainer*Innen Frauen und schon aufgrund von biologischen Tatsachen bei einer möglichen Familienplanung stark betroffen sind. Hinzu kommt, dass Frauen in unserer Gesellschaft immer noch den Hauptanteil der Care-Arbeit erledigen, selbst wenn sie selber Vollzeit arbeiten.

Wie steht es um die Vereinbarkeit von Familie und den Beruf Hundetrainer*In und welche Herausforderungen können Schwangerschaft, Stillzeit und Kinderbetreuung mit sich bringen?

Selbstständigkeit vs. Angestelltenverhältnis

Die meisten Hundetrainer*innen arbeiten selbstständig und sind nicht fest angestellt. Für werdende Mütter ist das problematisch, weil viele finanzielle Absicherungen eng an ein Angestelltenverhältnis gekoppelt sind. Dazu zählen auch die diversen (Mutterschutz-)Leistungen, wie fortlaufender Lohn bei einem Beschäftigungsverbot oder bei Arbeitsunfähigkeit durch Schwangerschaftskomplikationen, Zahlungen in Höhe des Lohns kurz vor und nach der Geburt und sogar bezahlte Pausen und sichere Räume in der Stillzeit.

Selbst wer nicht mit gefährlichen Hunden arbeitet, trägt ein gewisses Risiko in der Schwangerschaft. Hunde können einen anspringen, zu Fall bringen und schon kleine Kratzer und Bissspuren können sich entzünden und das Leben des ungeborenen Kindes riskieren. Angestellte Hundetrainer*innen sollten ihren Arbeitgeber*innen darauf aufmerksam machen, dass eine Gefährdungsbeurteilung gemacht werden muss. Im Zweifel muss ein sicherer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt oder ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Die entstandenen Kosten werden erstattet.

Bei Schwangerschaftskomplikationen hat man als Selbstständige ebenfalls das Nachsehen. Die Krankenkasse springt erst nach sechs Wochen Krankheit ein. Wer vier Wochen wegen starker Übelkeit ausfällt, später vier Wochen wegen starker Rückenprobleme und am Ende fünf Wochen wegen Gefahr einer Frühgeburt, bekommt nichts, weil all jedes Symptom als unterschiedliche Krankheit angesehen wird.

Wer selbstständig im Hundetraining arbeitet, sollte somit im Idealfall vor einer Schwangerschaft genug Geld zur Reserve zurück gelegt haben oder in einer Partnerschaft sein, in der im Zweifel ein zweites Gehalt den Ausfall auffangen kann. Das Risiko der Berufsausübung sollte dabei nicht unterschätzt und das Training entsprechend angepasst werden. Der Selbstschutz steht dabei an oberster Stelle. Zumal Schwangere in ihrer Beweglichkeit und Standfestigkeit oft eingeschränkt sind und aufgrund der veränderten Hormone auch möglicherweise kognitiv nicht immer das leisten können, was normalerweise möglich wäre.

Hygiene und Berufsausübung

Als menstruierende Person weiß man bereits um die oft schwierige hygienische Situation im Hundetraining. Nicht alle haben den Luxus einer Toilette und fließend Wasser im direkten Trainingsumfeld. Das ist dann mitunter gerade in der Schwangerschaft problematisch, die oft mit häufigem Harndrang einhergeht. Auch in der Stillzeit wird es schwierig. Mit Glück arbeitet man derart nah an seinem Zuhause, dass man zu Stillpausen dorthin fahren kann. Wer dies nicht kann, muss abpumpen. Auch hierfür fehlen in der Regel geschützte Räume und die Möglichkeit, das Equipment zu reinigen und die Milch zu kühlen.

Auch das muss man bei der Planung bedenken, Stillpausen mit einberechnen und sich ggf. Räume schaffen, um abzupumpen oder direkt komplett auf Formula-Nahrung zurückgreifen, ansonsten drohen Milchstaus bis hin zu schwerwiegenden Brustentzündungen und frühzeitiges ungewolltes Abstillen.

Geburt und Elterngeld

Elterngeld bekommen auch Selbstständige bis zu 65% des Einkommens für höchstens 12 Monate. Wer sich die Betreuung in einer Partnerschaft teilt, kann zusätzliche Monate beantragen. Es ist also für selbstständige Hundetrainer*innen möglich, den Beruf ruhen zu lassen. Allerdings sollte man dabei bedenken, dass in dieser Zeit auch das Unternehmen komplett pausiert, was sich nachteilig auf die Kundengewinnung auswirken kann – und laufende Kosten müssen weiterhin bezahlt werden.

Es gibt die Möglichkeit, das Elterngeld auf die doppelten Monate zu strecken. In dem Fall ist ein Zuverdienst möglich, der nicht abgezogen wird. Für die meisten Selbstständigen ist das sinnvoller. Es gibt Beratungsstellen, die durchrechnen, was sich am meisten für einen selbst lohnt.

Ganz davon abgesehen: Man sollte sich fragen, wie man nach der Geburt mit dem Berufseinstieg umgehen möchte. Nicht jede frisch Entbundene möchte direkt nach der Geburt wieder arbeiten. Nicht jede möchte mit ihrem Beruf pausieren. Hier sollte man sich, wenn möglich, vorab intensiv in seiner Partnerschaft beraten und gemeinsam überlegen, was das passende Modell ist. Auch die Kinderbetreuung muss entsprechend gesichert sein.

Faktor Kinderbetreuung

In der Regel gehen Kleinkinder in eine Betreuungseinrichtung. Allerdings herrscht großer Personalmangel in dem Bereich. Insbesondere in Großstädten muss man sich darauf einstellen, im Zweifel einen Platz einzuklagen. Doch auch ein gesicherter Platz bedeutet mitunter nur eingeschränkte Entlastung, denn die Arbeitszeiten einer Hundetrainer*in sind oft nicht kompatibel mit den angebotenen Betreuungszeiten, die in der Regel morgens beginnen und spätestens nachmittags enden. Hundetraining findet meist am Wochenende statt und unter der Woche zu Zeiten, wenn die Kund*innen von ihrer Arbeit wieder zuhause sind – also dann, wenn, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine professionelle Kinderbetreuung angeboten wird.

Das bedeutet, dass die Arbeitszeit im Training zu großen Teilen nicht mit der Betreuungszeit zusammen fällt. Partner*innen und/oder Familie, die in diesen Zeiten das Kind betreuen, sind ein Muss – auch später, wenn es in die Schule geht. Neugeborene lassen sich auch manchmal in einem Tragetuch einfach zum Training mitnehmen, vorausgesetzt, das geplante Training lässt dies zu.

Immerhin lassen sich in der institutionellen Betreuungszeit organisatorische Aufgaben, Buchhaltung und Marketing bewältigen. Zudem gibt es durchaus auch Kund*innen, die in diesen Zeiten frei haben.

Bedenken sollte man jedoch auch, dass bei ausfallender Betreuung durch Krankheit der Kinder man anders als im Angestelltenverhältnis keine Entschädigung für den Verdienstausfall bekommt, außer man hat dies entsprechend mit seiner Krankenkasse vereinbart über einen Wahltarif, bzw. eine Wahlpflichterklärung. Hierzu berät die eigene Krankenkasse.

Fazit Vereinbarkeit

Alles in allem ist der Beruf der Hundetrainer*in nicht gut vereinbar mit dem Familienleben. Dabei liegt das weniger an dem Beruf an sich, sondern an der fehlenden Absicherung Selbstständiger und den unflexiblen institutionellen Betreuungsmöglichkeiten. Es fehlt dahingehend auch an Druck auf die Politik, um dies zu ändern. Auch die Berufsverbände scheinen dieses Thema bisher nicht oder kaum zu behandeln. Hier ist dringend ein Umdenken notwendig.

Eigene Erfahrungen

Als werdende Mutter habe ich manches komplett unterschätzt und ich wäre froh gewesen, mich mit Gleichgesinnten austauschen zu können. Viele Hundetrainerinnen, die ich kennen gelernt habe, hatten entweder keine oder bereits größere Kinder.

Als ich schwanger wurde, kam ich zwar um die Übelkeit herum, aber ich war unglaublich müde. Ich war so müde, dass ich fast nur noch schlief, lediglich zu Gassigängen aufstand und währenddessen überlegte, ob ein Schläfchen im Wald zwischen Ästen angemessen ist. Meine Konzentrationsfähigkeit ließ mich dauernd im Stich. Beim Einkauf vergaß ich trotz Einkaufsliste immer Dinge, weil ich während des Griffes zur Butter vergaß, dass ich die in den Einkaufswagen legen muss.

Das hatte natürlich Auswirkungen auf mein Training. Noch immer trage ich eine Narbe davon, weil ich die Rasse und Problematik eines Welpen (!) derart vergessen hatte, dass ich sie im Training nicht berücksichtigt habe. Am Ende stand ich blutend vor den geschockten Besitzern.

Schwierige Hunde habe ich von Anfang an weiter verwiesen. In Freilaufsituationen habe ich mich immer am Zaun aufgehalten, um mich dort ggf. festzuhalten, und hatte eine Gießkanne in der Hand, um mich schützen zu können. Fremde Hunde habe ich möglichst nicht geführt.

In der Stillzeit habe ich es komplett unterschätzt, dass viele Kunden zu früh zum Training kommen. Dafür habe ich den Vorteil von mobilen Pumpen beim Autofahren schätzen gelernt. Dank eines Vereinsheimes hatte ich auch die Möglichkeit, die abgepumpte Milch zu kühlen.

Meine Kund*innen haben all dies unglaublich gut mitgetragen und hatten viel Verständnis dafür, wenn ich Dinge anders gemacht habe, mich geschützt habe und Fehler machte. Man sollte nicht vergessen, dass viele Kund*innen selber Kinder haben und um die Umstände entsprechend wissen.

Ich musste lernen, Dinge abzugeben. Für mich war klar, dass ich meine Hundeschule nicht brach liegen lassen kann. Hierfür habe ich jemanden eingestellt, obwohl ich „nur“ Kleinunternehmerin war. Das brachte unglaublich viel Entlastung. Hinzu kam eine weitere Trainerin, die ebenfalls Training übernahm. In meinem letzten Trimester und im Wochenbett hätte sonst keinerlei Training stattfinden können.

Mit Kind habe ich zudem festgestellt, dass ich meine Buchhaltung nicht mehr schaffe. Mein Mann arbeitet bis zum späten Nachmittag. Wenn er wiederkommt, schaffe ich lediglich anstehende Telefonate und die Beantwortung von Mails. Mit einem quengelndem Kind im Hintergrund ist das schlicht nicht möglich. Anstatt Nachtschichten für die Buchhaltung zu schieben, habe ich Geld investiert für eine Buchhalterin, die mir das nun abnimmt.

Während ich am Kunden arbeite, übernehmen mein Mann oder unsere Familie die Betreuung. Die Großeltern freuen sich über feste Tage, an denen sie ihr Enkelkind sehen, ich freue mich über feste Arbeitstage, über die ich frei verfügen kann.

Vorteile und Chancen im Beruf

Der große Vorteil der Selbstständigkeit sind die flexiblen Arbeitszeiten und hier liegt auch klar der Vorteil zu einem Angestelltenverhältnis: Man kann sich seine Arbeitszeit gut selber einteilen. Im Zweifel ist es möglich, Termine abzusagen und es droht deswegen kein Jobverlust. Eine gute Planung, Organisation und ein unterstützendes Netzwerk sind allerdings notwendig, um die Betreuung der Kinder und die Arbeit gut unter einen Hut zu bekommen. Je älter die Kinder werden, desto einfacher wird das.

Elternschaft und Hundetrainerdasein bieten auch eine Chance, weil es den eigenen Erfahrungshorizont erweitert. Viele Kunden sind Familien mit kleineren und größeren Kindern oder auch Menschen, die eine zweibeinige Familienerweiterung planen. Oft scheitern Beratungen und Trainingsansätze in diesem Umfeld daran, dass sie im Familienalltag schlicht nicht durchführbar sind. Trainingsansätze, die eine Einzelperson oder ein Pärchen noch gut in ihren Alltag integrieren können, können für eine Familie mit mehreren Kindern und berufstätigen Eltern unmöglich sein. Die geforderte immerwährende Konsequenz ist bereits ohne Kinder im Alltag oft nur schwer einzuhalten. Kinder haben selber Ansprüche an ihre Eltern, erfordern im Alltag eine direkte Reaktion und halten sich damit nicht netterweise zurück, bis man dieses oder jenes erst mit dem Hund fertig geübt hat. Oder anders gesagt: Nur weil ich grade darauf achte, dass der Hund ordentlich an der Leine läuft, wird mein Kleinkind nicht darauf Rücksicht nehmen und zum Spielplatz vorrennen wollen. Damit der Hund beim Wickeln nicht stört, ihn auf seinen Platz zu schicken, ist durchaus eine gute Idee – scheitert aber schnell daran, dass das gar nicht durchsetzbar ist, denn das Kind auf dem Wickeltisch alleine liegen zu lassen und den Hund auf seine Decke zu führen, geht schlicht und ergreifend nicht. Darauf zu warten, dass der Hund ruhig ist, um das Haus zu verlassen, ist bei 3 ungeduldigen Kindern ebenfalls ziemlich viel verlangt. Wer diese Situationen kennt, kann auch passende Trainingsansätze und Management-Maßnahmen wählen.

Nicht zuletzt wird auch schnell im Zusammenleben mit dem eigenen Hund und Kindern klar, was wirklich wichtig ist in der Erziehung eines Familienhundes, und kann im eigenen Training mit den Kunden Berücksichtigung finden.

Trotz der Schwierigkeiten kann Elternschaft somit eine Chance sein. Sie erweitert den Horizont auch in der beruflichen Perspektive und kann durch flexible Arbeitszeiten eine Alternative zu einem „normalen“ Angestelltenverhältnis sein. Wünschenswert wären eine bessere Absicherung von selbstständigen Müttern und ein stärkerer Erfahrungsaustausch von Eltern oder solchen, die es noch werden wollen. Schwangerschaft, Wochenbett, Stillzeit und Betreuung sind sehr sensible Themen. Sie sollten deswegen aber keine Tabuthemen sein. Um berufliche Entscheidungen zu treffen, ist es notwendig davon zu wissen und für sich selber zu überlegen, was der passende Weg ist.

Nina Dany hat auf Facebook die Gruppe “Hundeunternehmerinnen mit Kind und Kegel – die Hilfegruppe” gegründet. Wer selbst Elternschaft und Berufe rund um den Hund vereinen muss, findet hier Austausch und Netzwerke.