Greatest Hits im Beruf von Hundetrainern und wie man ihnen begegnen kann

von Karen Körtge, Nora Brede & Jenni Rotter

In der vergangenen Woche teilten Twitter-User ihre ätzendsten „Greatest Hits“: die Sätze, die sie in ihrem Beruf immer wieder sagen müssen, weil ihre Arbeit unterschätzt, missverstanden oder lächerlich gemacht wird. Auch HundetrainerInnen haben einen Fundus solcher Sätze. Deswegen haben wir Euch auf Facebook nach Euren ganz persönlichen Greatest Hits gefragt und das Ergebnis war so lustig wie umfangreich.

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Und weil Humor bekanntlich das Loch ist, durch das die Wahrheit pfeift, haben wir uns eure Antworten genauer angeschaut und ein paar Ideen gesammelt, die wir gerne mit euch teilen möchten.

HundetrainerInnen verdienen Geld mit der Zeit, die andere als ihre Freizeit wahrnehmen – denn der Hund ist in den meisten Fällen eine flauschige Bereicherung für Stunden in der Natur. Deswegen verschwimmen dann im Gespräch schnell Grenzen zwischen Dienstleistung und Freundschaftsdienst, Fachwissen und Small Talk.

Für solche, auf Wahrnehmungskonflikten basierenden Situationen haben wir Strategien gesucht und präsentieren euch unser Feierabend-Brainstorming: Wie würden wir eigentlich mit diesen Situationen tatsächlich umgehen?

Denn eines ist klar: Die Greatest Hits sind die Ninjas unter den schwierigen Gesprächssituationen. Man sieht sie nicht kommen, sie sind kaum zu fassen zu kriegen, und sie entwaffnen einen schneller, als man blinzeln kann.

Aber wir können auch Ninja-Moves! Hier sind ein paar schnelle Tricks gegen Greatest Hits:

1. Menschen, deren Sichtweise man nicht verändert bekommt

„Mein Hund ist sehr ängstlich und beißt deswegen aus Selbstschutz“. Wo ein/e HundetrainerIn einen gut im Saft stehenden Jungspund mit null Bock auf andere Rüden sieht, wollen die HalterInnen partout ein traumatisiertes Bündel erkennen. Gegenrede? Keine Chance. Argumente? Kommen nicht an. Der Frust steigt, der Geduldsfaden wird spröde. Denen muss einfach mal jemand klar und deutlich sagen, was Sache ist? Nicht unbedingt.

Es kann schwer sein, die eigene Sichtweise zu ändern und dabei vielleicht einen Fehler eingestehen zu müssen. Viele Menschen neigen außerdem dazu, bewusst oder unbewusst in den Widerstand zu gehen, wenn sie von ihrer Überzeugung abgebracht werden sollen. Eine Lösung? Nicht versuchen, das Gegenüber zu überzeugen, und stattdessen ganz bei sich bleiben. Lasst ihnen ihre Wahrnehmung und schildert gleichzeitig eure Sichtweise.

„Du hast sein Verhalten als  Angst wahrgenommen. Ich beschreibe Dir jetzt mal, was ich sehe: Ich sehe einen Hund, der hier in dieser fremden Umgebung und unübersichtlichen Situation kein Problem hat, sich von Dir zu entfernen und bewusst Kontakt zu anderen Hunden sucht. Das zeigt mir… Ich schlage vor, wir probieren jetzt mal Folgendes und schauen dann, was passiert: … Einverstanden?“.

Dieser Trick hat einen Namen: Ich-Botschaft. Wenn ihr konkret schildert, was eure Wahrnehmung ist und welche Schlüsse ihr daraus zieht, um dann einen Handlungsvorschlag zu machen, muss das Gegenüber nicht mehr seine Position verteidigen, sondern kann sich euch zuwenden.

Versucht also nicht, das Gegenüber umzustimmen, sondern lasst dessen/deren Meinung erst einmal so stehen. Wenn ihr den Fokus auf etwas Anderes legt, verschwindet das Beharren auf der eigenen Wahrnehmung häufig, weil sie nicht mehr im Fokus steht und verteidigt werden muss. Das bedeutet auch, dass ihr eure Expertise nicht in den Mittelpunkt stellen könnt (weil es nicht mehr darum geht, eure Meinung als die richtige durchzusetzen), aber es bedeutet, dass ihr für diese Kunden den Raum für eine Lernerfahrung schafft, ohne dass sie ihr Gesicht verlieren. Ninja-Mooove! 😉

2. Menschen, die Hundetraining nicht als Beruf wahrnehmen

„Ich würde auch lieber den ganzen Tag mit Hunden spazieren gehen, als im Büro zu sitzen.“

Solche und ähnliche Sätze treffen, denn aus ihnen kann man eine Abwertung der eigenen Leistung heraushören. Das Gegenüber sieht den eigenen Job, für den man hart arbeitet und sich umfassend hat ausbilden lassen, nicht mal als ernstzunehmende Arbeit an – und TrainerInnen wohl kaum als ExpertInnen in ihrer Profession.

Was tun? Der Reflexions-Ninja-Move: Zurückgreifen auf die vielen möglichen Bedeutungsebenen von Sprache. Denn aus solchen Sätzen lassen sich auch ganz andere Aussagen heraushören als eine Abwertung. Anerkennung zum Beispiel, oder Neid. Entsprechend könnte eine Reaktion darauf aussehen:

„Ja, ich hatte auch erst Angst, in die Selbstständigkeit zu gehen. Inzwischen habe ich aber gemerkt, wie befreiend das für mich ist. Ich bin sehr froh, dass ich diesen Schritt gewagt habe.“ Damit spricht man an, dass mein Gegenüber vielleicht nur so redet, weil er oder sie selbst in ungeliebten Strukturen festhängt und nicht den Mut findet, sich zu lösen.

Oder auch:

„Ja, ich bin auch wirklich froh, dass ich einen Beruf gefunden habe, der so erfüllend ist. Das ist nicht jedem gegeben.“ Damit holt man sich eine Anerkennung ab, die das Gegenüber vielleicht, aber vielleicht auch nicht so gemeint hat – was soll’s? Ich habe die Bedeutungsebene gewechselt und ganz entspannt die Spitze zurückgegeben (oder eben auch nicht).

Eine andere Möglichkeit ist es, die implizite oder explizite Abwertung ironisch zu überspitzen: „Ja, es ist wirklich total entspannend, mich jeden zweiten Tag mit übergriffigen 40kg-Hunden anzulegen.“ (Zwinker, zwinker)

Oder auch: „Ja, besonders bei Schneeregen und Dauermatsche. Wenn du als Trainerin in die Selbstständigkeit gehen willst, meld‘ dich gern, dann verrate ich dir meine besten Kleidertricks.“

3. Menschen, die etwas umsonst wollen

„Ach, schön, dann können wir uns ja am Wochenende mal zum Spaziergang treffen und du kannst mich ein bisschen beraten“.

Das ist ein Satz, der einen in Rage bringen kann, denn auch hier schwingt mit, dass eure Arbeit nichts wert ist: Was ihr leistet, kann man so nebenbei als Freundschaftsdienst erledigen. Wir unterstellen mal, dass die Menschen, die so etwas sagen, das in den seltensten Fällen so abwertend meinen, wie es ankommen kann. Es kann Gedankenlosigkeit sein oder sogar Sympathie  für euch (sie wollen gern Zeit mit euch verbringen) oder oder oder…

Hier könnte der/die Ninja von Welt auf die Selbstabgrenzungstaktik zurückgreifen: Geht am besten gar nicht auf die Annahme ein, dass ihr eure Dienstleistung kostenlos verschenkt. Erklärt nicht, dass es anders funktioniert und ihr so nicht arbeitet. Übergeht es einfach: „Klar, lass uns gerne eine Privatstunde vereinbaren. Ich schicke Dir meine AGB und Preise, dann können wir einen Termin ausmachen. Ich freu mich drauf!“.

Ist das ausgesprochen, muss das Gegenüber konkret benennen, wenn es nach wie vor die Beratung kostenlos möchte. „Oh, ich dachte, wir könnten das vielleicht erst mal so…?“. Damit seid ihr in einem konstruktiven Gespräch, bei dem Du gelassen Deine Position erklären kannst, statt wütend zu reagieren: „Ich möchte Freizeit und Beruf trennen.  Wir können gerne mal zusammen spazieren gehen, ich laufe das nächste Mal da und da. Wenn ich Hundetraining gebe, möchte ich mich aber voll auf dich und deine/n Hund/e konzentrieren, um fundierte Trainingshilfen geben zu können. Das geht nicht mal eben so nebenbei.“

Vielleicht kristallisiert sich übrigens in so einem Gespräch auch etwas heraus, mit dem ihr nicht gerechnet habt: dass nämlich euer Gegenüber vielleicht im Moment knapp bei Kasse ist und das lieber nicht offenbaren, aber wirklich gern euer Training in Anspruch nehmen würde. In diesem Fall könnt ihr auf Basis dessen, was für euch angemessen und tragbar ist, über Rabatte, Ratenzahlungen oder andere Modelle verhandeln.

Das sind natürlich nur drei von unzähligen möglichen und unmöglichen Situationen, die einen sprachlos machen können. Aber die Greatest Hits sind eben auch wirklich Klassiker, an denen man seine Kommunikationsfertigkeiten üben kann, wenn man nicht gerade darüber schmunzelt. Welche Situationen kennt ihr noch und helfen euch unsere Ideen? Welche Strategien funktionieren bei Euch und wollt ihr noch mehr von unseren hören? Wir wollen es gerne sammeln: Sagt es uns und euren KollegInnen!