Strengere Kontrollen für gewerbliche Hundebetreuungen

von Nora Brede

7. Dezember 2023

Ich fordere dazu auf, dass Einrichtungen, die Tiere gewerbsmäßig betreuen, strengeren Kontrollen unterzogen werden.

Seit fast neun Jahren gibt es inzwischen unter § 11 Abschnitt 1, Nummer 8 den Buchstaben f im Tierschutzgesetz, der Hunde vor sachunkundigen Hundetrainer*innen schützen soll. Hundetrainer*innen, die üblicherweise einen Hund und dessen Besitzer*in im Schnitt einmal die Woche für etwa eine Stunde zu sehen bekommen. In einer Situation, in der die Halter*innen  auch als Kontrollinstanz fungieren.

Um ihren Beruf ausüben zu können, müssen angehende Hundetrainer*innen ein polizeiliches Führungszeugnis und unzählige Aus- und Fortbildungsnachweise bei den Veterinärbehörden einreichen, müssen sich schriftlich, mündlich und praktisch prüfen lassen – manches Mal bis zu einem halben Tag am Stück. Und dann… bekommen sie häufig dennoch diverse Einschränkungen in ihrer Tätigkeit auferlegt. Angedrohte Bußen und Berufsverbote sollen sicherstellen, dass gewerblich arbeitende Hundetrainer*innen im Sinne des Tierschutzgesetzes agieren. Und das ist auch der Fall.

Und nun sind wir hier, im November 2023. In einer Hundepension in München wurden zu unterschiedlichen Zeiten Hunde in unterschiedlichen Besetzungen auf das Übelste misshandelt. Große und kleine, ältere und junge, wie es scheint. Sie schreien, weil eine Person ihnen vollkommen vermeidbare Schmerzen zufügt. Sie haben – berechtigt – Angst vor der Person, in deren Obhut sie sich befinden. Sie leiden, weil sie sich der Situation nicht entziehen, sie nicht vermeiden können. Die Gewalt, die sie erfahren, ist willkürlich und brutal bis akut lebensgefährlich.

Bei den Fällen, die in den letzten Jahren in die Presse gelangt sind, fällt vor allem eines auf: Tierschutzwidrige Praktiken finden sich vor allem in Betreuungssituationen ohne Publikumsverkehr. Tierquälerei passiert dann, wenn es keine Kontrollinstanz gibt, wenn die Hunde den Gewalttäter*innen schutzlos ausgeliefert sind. Sie werden gewürgt, getreten, geschlagen, sie erleiden Schmerzen und Qualen. Und das stunden-, tage- oder gar wochenlang. Sind die Tiere halterlos, dann kann sich das Leid sogar noch viel länger hinziehen.

Tierheime und tierheimähnliche Einrichtungen haben rigorose Auflagen: Sie benötigen Quarantäne-Einrichtungen, angemessene Unterbringungen, ausreichend betreuendes Personal u.v.m. (TierSchG § 11 (1) Nr. 3). Bei Hundepensionen, Tagesstätten und Hotels sieht es dagegen ganz anders aus, auch wenn sie unter Nr. 8a explizit aufgeführt werden. Es gibt keine Empfehlungen zur Sachkunde von Seiten des BMEL, wie sie die LAV AG Tierschutz für Hundetrainer*innen erstellt hat, keine einheitliche Regelung zur Qualitätskontrolle – allein eine Erlaubnis einer verantwortlichen Person ist festgehalten und wird von Behörde zu Behörde unterschiedlich umgesetzt. Mal ist es ein Telefonat, mal ein Vor-Ort-Termin mit Kaffeeklatsch. Zwar trägt eine Person die Verantwortung, aber letztendlich kann das Personal völlig inkompetent sein, denn es wird nicht überprüft.

Gewalt ist ein Zeichen von Überforderung, fehlender Kompetenz und absoluter Unkenntnis, sofern es nicht ein Symptom einer schwerwiegenden Störung ist. In allen Fällen müssen Tiere vor solchen Personen, die aktive oder passive Gewalt als Mittel nutzen, geschützt werden. Denn das gewerbsmäßige Halten von Hunden scheint einem tierethischen Handeln zu oft im Wege zu stehen. Entsprechende Kontrollen aller (!) betreuenden Personen und der Haltungsbedingungen sollten durch Behörden priorisiert sein, um die unzähligen Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in den Griff zu bekommen.

Betrachtet man die schiere Masse der Fälle, dann scheint das Problem überwiegend NICHT inkompetente Hundetrainer*innen zu sein, sondern gewerbsmäßige Betreuer*innen, die keine Sachkunde besitzen oder bewusst dagegen verstoßen. Vielleicht gibt es bei Hundetrainer*innen weniger publik gewordene Misshandlungsfälle, weil ihr Arbeitskontext solche massiven Grenzüberschreitungen weniger ermöglicht. Vielleicht gibt es auch weniger solche Fälle, weil die amtliche Kontrolle schärfer ist. Um das ganz klar zu sagen: Die Ausweitung der behördlichen Kontrolle über die Sachkunde von Hundetrainer*innen war richtig, auch, wenn sich über die Umsetzung diskutieren lässt. Vor allem, solange es keine einheitlichen Lehrinhalte in der Ausbildung zu diesem Beruf gibt.

Auch von allen (!) Personen, die gewerbsmäßig Hunde betreuen, muss eine umfangreiche Sachkunde verlangt werden. Sie müssen Kenntnisse über Fähigkeiten und Bedürfnisse von Hunden haben, angemessene erzieherische Maßnahmen und gesundheitliche Problematiken kennen. Hundebetreuer*innen müssen kompetent sein, Ausdrucksverhalten zu lesen, Verhalten angemessen zu beeinflussen, Stress, Schmerz und Angst genauso zu erkennen wie aggressives oder jagdlich motiviertes Verhalten. Sie müssen tierpflegerische Fähigkeiten haben und Sicherheitsaspekte kennen. Dann wissen sie nämlich auch, wann sie tierschutzwidrig handeln.

Vor allem aber müssen Hundehalter*innen darauf vertrauen können, dass die Hundepension mit der professionell gestalteten Homepage, den fröhlichen Fotos und kompetent-wirkenden Verantwortlichen auch tatsächlich zum Wohl des Tieres handelt. Dafür braucht es deutlich weniger Laissez Faire beim Umgang mit gewerblicher Hundebetreuung. Dafür braucht es eine Berufserlaubnis, die auch wieder entzogen werden kann. Und wo die Behörden nicht regulieren können, ist es auch an den Profis, die Kollegialität nicht vor das Tierwohl zu stellen. Das ist kurzsichtig und erzeugt Leid, an dem schweigende Zeug*innen mit fachkundigem Blick die Mitverantwortung tragen. Dass es viel Mut kostet und die Meldestrukturen denkbar ungünstig und nicht immer effizient sind, sehe ich.

Dennoch schaden die beeindruckend vielen schwarzen Schafe in diesem Berufszweig vor allem den Tieren, aber auch dem Ruf aller qualifiziert und wohlwollend betreuenden Einrichtungen und Kolleg*innen – von denen es unzählige gibt.

Ich habe die Geschichten und Bilder so satt. Ich habe das Ausnutzen für Geld und Profil einzelner Egoman*innen satt – getarnt als Fürsorge oder Rettung, während Hunde leiden und leiden und leiden. Überall mühen sich unzählige Hundetrainer*innen ab, um Hundehalter*innen und Hunden einen wundervollen gemeinsamen Alltag und eine schöne Lebenszeit zu ermöglichen – und bangen um ihre Berufserlaubnis, wenn sie einem unsicheren Hund Halt geben, sich vermeintlich bedrohlich über einen Hund beugen, um seinen Kopf zu tätscheln oder einem unbegrenzten Junghund fachlich korrekt und angepasst verständlich Einhalt gebieten. Ein Stündchen pro Woche… oder alle zwei.

Ich fordere, dass alle zuständigen Behörden die Datenlage überprüfen und ihr Vorgehen in Bezug auf die Zulassung von Betreuungseinrichtungen überarbeiten – bis es der Bund schafft, das Tierschutzgesetz und seine Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (in denen noch Preise in Mark statt in Euro festgehalten sind) zu überarbeiten, denn offensichtlich ist diesem Sachverhalt ja nicht durch Rationalität beizukommen. Und irgendwo schreit ein Hund, während ein*e Betreuer*in ihn in den Bauch tritt, und irgendwo versucht einer, in einer kleinen, zugeschissenen Drahtbox zu überleben, hungrig und durstig, und irgendwo ist ein Hund so still und klein wie möglich, damit er nicht geschlagen, gegen Wände geschleudert oder zu Boden gedrückt wird.

Mir ist bewusst, dass nicht alle Probleme gelöst sind, wenn behördliche Instanzen regulierend eingreifen. Nicht jede Behörde hat Fachpersonen zur Verfügung, Tierärzt*innen sind nicht immer die qualifizierten Entscheidungsträger*innen. Wohin mit den Hunden der arbeitenden Bevölkerung? Wohin mit den schwierigen Hunden? Manchmal scheint es keine Alternative zu geben. Und auch die strikteste Kontrolle wird einen Menschen, der sich bewusst dafür entscheidet, Hunde zu quälen, nicht erfassen und sein Treiben beenden können. Aber so wie es ist, kann es einfach nicht bleiben.

Ich fordere, dass diesen Praktiken Einhalt geboten wird. Weil es ein unerträglicher Zustand ist. Bitte.

Kurze Internetrecherche (Google, Kategorie „News“) – Schlagworte „Hundetrainer / Hundeschule / Hundepension / Hundebetreuung Tierquälerei“, „Hundetrainer / Hundeschule / Hundepension / Hundebetreuung tierschutzwidrig“, „Hundetrainer / Hundeschule / Hundepension / Hundebetreuung Veterinäramt“

Funde zu Hundebetreuung:

November 2023 Tierquälerei in Münchner Hundepension (Quelle: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-tierquaelerei-hundepension-1.6313505)

Juli 2023 Tierschutzwidrige Bedingungen in illegaler Tierpension in Frankfurt / Main (Quelle: https://www.ksta.de/panorama/tierschutzwidrige-bedingungen-frau-haelt-23-hunde-in-illegaler-tierpension-605321)

Februar 2022 Unfassbare Zustände im Tierheim Wesendahl (Quelle: https://www.berliner-kurier.de/berlin/tote-katzen-kranke-schweine-unfassbare-zustaende-im-tierheim-wesendahl-ein-schreckensort-fuer-tiere-li.210445)

November 2020 Tierschützerin muss Hundepflege aufgeben, Hundeverordnung nicht umgesetzt (Quelle: https://www.merkur.de/lokales/fuerstenfeldbruck/moorenweis-ort114656/moorenweis-tierschuetzerin-hunde-aufgeben-90096653.html)

Februar 2020 Der Fall Malinoisfreund – Pflegestelle für Tierheime (Quelle: https://www.rtl.de/cms/kaernten-35-tote-hunde-in-muellsaecken-gefunden-tierschuetzer-warnten-vor-hundesammlerin-4480532.html)

Dezember 2019 Das Veterinäramt des Kreises hatte „massive Verstöße“ festgestellt und zehn Hunde in Klein-Auheimer Hundetagesstätte beschlagnahmt (Quelle: https://www.hanauer.de/hanau/verfahren-gegen-klein-auheimer-hundetagesstaette-laeuft-weiter-13348686.html)

Oktober 2019 Verletzte und verwahrloste Hunde in nicht genehmigter Hundepension (Quelle: https://www.suedkurier.de/region/hochrhein/kreis-waldshut/Verletzte-und-verwahrloste-Hunde-in-Steinen-Welche-Regeln-gelten-fuer-Tierpensionen-und-wie-wird-kontrolliert;art372586,10329474)

September 2019: Erhebliche Mängel und Verstöße gegen das Betreiben einer Tierpension (Quelle: https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/cottbus-heftiger-streit-um-die-merzdorfer-hundepension-38323106.html)

Juli 2018 Resozialisierungsstation für Problemhunde vor Gericht wegen Tierquälerei (Quelle: https://www.schwaebische.de/regional/bodensee/friedrichshafen/ich-bin-davon-ueberzeugt-dass-sie-hunden-nichts-boeses-wollen-362787)

Funde zu Hundetraining:

September 2023 Saarbrücker Hundeschule verwendet tierquälerische Methoden (Quelle: https://www.rheinpfalz.de/lokal/saarland_artikel,-peta-zeigt-saarbr%C3%BCcker-hundeschule-wegen-tierqu%C3%A4lerei-an-_arid,5554654.html)

Juni 2023 Hundetrainer in Österreich quält „Problemhunde“ als Resozialisierungsmaßnahme (Quelle: https://steiermark.orf.at/stories/3230731/)